FEEDBACK

Diese Seite meiner Homepage dient der Veröffentlichung von Reaktionen auf meine Website. Eine Veröffentlichung erfolgt in der Regel nur mit Einverständnis des Urhebers und - sofern nicht ausdrücklich anders gewünscht - ohne Nennung persönlicher Daten wie vollständigem Namen oder E-Mail-Adresse.

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31. Juli 2007

30. August 2000

Hallo Gabi,

ich habe mir deine Homepage ausführlichst durchgelesen. Meiner Meinung nach halte ich eine von dir betriebene Hochstilisierung der Person Cliff Boggess für sehr gefährlich. Ich will keinesfalls abstreiten, dass ihr sehr emotionale Momente hattet, dass er ein gutes Herz hatte, jedoch hat er eine grauenhafte Tat begangen, die zu seiner Bestrafung führte. Grundsätzlich halte ich eine Diskussion über die Todesstrafe für sehr sinnvoll, obwohl ich der Meinung bin, dass sie durchaus in vielen Fällen Berechtigung erfährt. Der nämlich bereits getötete Mensch hätte bestimmt gerne selber noch Kinder in die Welt gesetzt, einen Sonnenuntergang erlebt oder mit seinen Enkeln gespielt. Alles dies kann er aufgrund von Cliff's Tat nun nicht mehr tun.

Allerdings ist die größte Bestrafung der Todesstrafe meiner Meinung nach nicht der Tod selber, sondern die lange Angst davor bis zum endgültigen Termin. Denn sterben müssen wir alle früher oder später. Und in der Todeszelle kann uns wenigstens kein Auto überfahren. Deshalb halte ich es auch für falsch, den Aufenthalt in einer solchen Todeszelle noch mit Annehmlichkeiten zu verschönern. Sicher sind die Lebensbedingungen auch meiner Meinung nach unwürdig. Doch inwieweit hat ein Mörder sein Recht auf Menschenwürde nicht schon verwirkt?!

Ich hätte mich über eine distanziertere und objektivere Darstellung der Momente und der Situation gefreut, da ein leicht zu beeinflussender Leser deines Berichtes leicht den Eindruck bekommen könnte, dass da zwar zwei Menschen ermordet wurden, jedoch dies auf mysteriöse Weise, und der liebenswerteste Mensch der Welt dafür büßen musste.

Vielleicht wäre eine Veröffentlichung von an Dich geschriebenen E-Mails ein gelungener Beitrag, die Site zu erweitern.

Mit freundlichen Grüßen, Daniel

2. September 2000

Hallo Daniel,

vielen Dank für deine intensive Auseinandersetzung mit meiner Homepage und die differenzierte Stellungnahme in deiner Mail.

Deinen Vorschlag einer Veröffentlichung des E-Mail-Feedbacks auf meine Website nehme ich gern auf. Bislang erhielt ich ausschließlich Mails, die meine Homepage lobten, was ich natürlich gerne höre (*smile*), allerdings nicht unbedingt so "selbstbeweihräucherungsmäßig" veröffentlichen möchte, wenn es dem Besucher meiner Website nicht gleichzeitig Veranlassung zu weiterem Nachdenken bietet. Du bist der erste - mag auch daran liegen, dass meine Homepage noch relativ jung ist -, der sich in dieser sachlich-kritischen Weise äußert, und ich eröffne gern mit deinem Beitrag eine Feedback-Seite - selbstverständlich immer nur mit Einverständnis der Schreiber.

Du hättest dir eine distanziertere und objektivere Darstellung gewünscht. Ich bezweifle, dass mir das möglich ist. Ich lege Wert auf Sachlichkeit und denke, dass ich meinem eigenen Anspruch in dieser Hinsicht auch gerecht werde. Aber nach all meinen persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen bin ich - vielleicht verständlicherweise - alles andere als distanziert.

Auf der anderen Seite beabsichtige ich keine Hochstilisierung von Cliff Boggess. Die Verbrechen, die Cliff begangen hat, waren furchtbar. Ich verschließe davor nicht die Augen und habe sie auch in meinem Bericht bewusst nicht beschönigt. Dass Cliff sich verändert hat und der Cliff, den ich kennen gelernt habe, meiner Überzeugung nach so etwas nie wieder getan hätte, macht aus ihm weder einen Heiligen noch einen Märtyrer. Er war noch immer ein Mensch mit Fehlern und Schwächen wie andere Leute auch - keine Frage.

Ja, seine Verbrechen waren grauenhaft. Und seine Opfer hätten zweifellos gerne noch viele Dinge getan, die sie durch Cliff's Schuld nicht mehr tun konnten. Daran ändert Cliff's Hinrichtung jedoch leider nichts. Resultat ist nur der Tod eines weiteren Menschen sowie noch mehr Menschen, die den Verlust eines Angehörigen oder Freundes zu beklagen haben. Im Grunde werden lediglich noch mehr Opfer produziert.

Ich frage mich, wem die Hinrichtung von Cliff in irgend einer Hinsicht etwas gebracht hat. Die Angehörigen seiner Opfer, die der Exekution als Zeugen beiwohnten, hatten später jedenfalls noch denselben Hass im Herzen...

Nochmals danke für deine Stellungnahme!

Viele Grüße, Gabi

9. September 2000

Hallo Gabi!

Ich bin aus vielerlei Gründen ein sozusagen abgrundtiefer Gegner der Todesstrafe. Viele dieser Gründe sind sicherlich das Resultat unterschiedlicher Auffassungen bzw. Interpretationen bestimmter Sachverhalte und somit auch subjektiv... Aber, bei allem Pro und Contra, es gibt einen Ansatz, der - egal welcher Überzeugung ich als Mensch anhänge - das staatlich legalisierte Töten von Menschen verbietet: Der Mensch besitzt nicht das Recht, einen anderen Menschen zu töten. Aus der Tatsache, dass Menschen einander dennoch umbringen, kann nicht gefolgert werden, dass diejenigen, die gemordet haben, damit die Rechtfertigung für ihre Hinrichtung liefern. So schwer das in einigen Fällen, zumal aus einer emotionalen Perspektive, scheinen mag: Auch ein Mensch, der vielleicht weniger einsichtig und reuevoll mit seiner Tat umgeht, der kaltblütig und nach menschlichem Ermessen "abartig" getötet hat, darf deshalb nicht umgebracht werden. Wer ist der Mensch, dass er sich herausnimmt, Leben zu beenden? Diese Frage muss sich jeder stellen - nicht nur die Mörder, sondern auch alle, die in staatlichem Namen töten!

Gruss, Michael

15. September 2000

Hallo Gabi,

auch ich habe mir Ihre Homepage zum Thema CLIFF BOGGESS intensiv durchgelesen. Ich muss sagen, dass mich selten eine Site so bewegt hat wie diese.

Ich weiß auch nicht, ob eine Todesstrafe heutzutage gerechtfertigt ist, den Opfern gegenüber bestimmt, aber das soll nicht unser Thema sein. Diese Entscheidung sollte man den Behörden und dem Volk der USA überlassen. Ab einem bestimmten Level bin ich dafür, die Todesstrafe anzuwenden, wenn auch alle Beweise eindeutig sind.

Die Beschreibung, wie die Hinrichtung abgelaufen ist, fand ich sehr eindrucksvoll und wichtig, auch dieses mal zu erfahren, obwohl das Ritual schon ein wenig pervers scheint.

Ich bedanke mich für die Homepage und deren Schilderungen, diese ist hilfreich, um in dem Fall meinen Horizont zu erweitern.

Mit freundlichen Grüßen, Andreas

9. Oktober 2000

An Petra Richter und mich gerichteter Eintrag im Gästebuch von Petras Website (www.todesstrafe-usa.de):

... Stellt euch vor, jemand vergewaltigt und tötet euer sieben Jahre altes Kind auf bestialische Weise. Was würdet ihr als Strafe empfehlen? Da kann sich kein Mensch 'reindenken, der nicht betroffen ist, deshalb ist das Thema komplexer, als es hier dargestellt wird. ...

10. Oktober 2000

Meine Antwort in Petras Gästebuch:

Hallo Harti,

wenn jemand mein Kind oder einen Menschen, der mir sehr viel bedeutet, vergewaltigen und töten würde, dann würde ich mir bestimmt wünschen, dass mit dem Täter dasselbe geschieht, wenn nicht Schlimmeres. Das ist eine durchaus verständliche Reaktion, die auf Wut und Zorn basiert. Solange ich aber noch imstande bin, einigermaßen vernünftig zu denken, lehne ich die Todesstrafe ab, denn die Befriedigung meiner Rachegefühle ist keine ausreichende Grundlage, einem Menschen das Leben zu nehmen. Und einen anderen Nutzen vermag ich in der Todesstrafe beim besten Willen nicht zu erkennen.

Gabi

10. Oktober 2000

Hallo Gabi,

... Übrigens bin ich kein Befürworter der Todesstrafe, ich versuche mich nur in die Angehörigen der Opfer zu versetzen und kann deren Rachegefühle schon verstehen. Ich möchte immer nur damit ausdrücken, dass man sich als nicht Betroffener nicht zu 100% sicher sein kann, ob man als Betroffener auch noch so denkt. Deshalb betrachte ich das Ganze etwas differenzierter. Es werden auf euren "Anti-Seiten" einfach unheimlich viele Mörder verharmlost und als absolut tolle Menschen hingestellt. Die Morde werden fast immer mit Alkohol, Drogen, Eltern, niedrigem IQ usw. erklärt. ...

Die Story über James Beathard oder so, finde ich übrigens auch sehr schockierend. Dagegen sind nach allem, was ich bis jetzt gelesen habe, Leute wie Gary Graham, Mumia, Boggess einfach nur kaltblütige Mörder! Ich hoffe, du kannst damit leben.

Viele Grüße, Harti

11. Oktober 2000

Hallo Harti,

weißt du, ich glaube schon auch, dass ich das Thema Todesstrafe differenziert betrachte. Ich kann die Rachegefühle von Angehörigen der Opfer verstehen; ich bin überzeugt, dass ich die auch hätte. Aber gerade weil ich es differenziert sehe und darauf nicht beschränke, komme ich zu einem anderen Ergebnis. Leider wird einem dann immer wieder unterstellt (ich meine jetzt gar nicht dich), die Opfer wären einem egal etc. pp. (Hast du übrigens mal den Bericht von Anne Coleman auf Petras Website gelesen? Den finde ich sehr beeindruckend.)

Du sagst, Cliff war ein kaltblütiger Mörder. Ja, damit kann ich leben, denn du hast ja Recht! Natürlich war er das (er hat seine Schuld ja auch zugegeben und sich nicht als unschuldig verkauft), und das will ich in keiner Weise verharmlosen. Andererseits kann ich nur von meiner Erfahrung sprechen, dass der Cliff, den ich kennen gelernt habe, mit Sicherheit ein ganz anderer war als der, der 12 Jahre zuvor diese schrecklichen Morde begangen hatte.

Ich nehme deinen Eindruck, auf unseren Websites würden so viele Leute verharmlost und als tolle Kerle dargestellt, übrigens durchaus ernst. Ich bin überzeugt, dass in den Todeszellen der USA auch viele sitzen, die wirkliche "Kotzbrocken" sind und denen ich nicht auf der Straße begegnen möchte, mit denen ich nicht mal einen Briefkontakt haben wollte. (Trotzdem bin ich nicht dafür, sie hinzurichten.) Dass es so wirkt, als würden wir es so darstellen, dass das alles tolle Kerle sind, liegt vielleicht daran, dass in den Websites immer nur positive Beispiele erscheinen. Es veröffentlicht eben keiner etwas in dem Sinne: Schaut mal, was das für ein Sch***kerl ist... - Ich denke auch nicht, dass das richtig wäre. Aber so entsteht ein schiefes Bild, da hast du vermutlich Recht.

Viele Grüße! Gabi

11. Oktober 2000

Hallo Gabi,

vielen Dank für deine Mail. Du hast in vielen Sachen Recht. Ich würde auch keinen Artikel veröffentlichen, der Menschen dazu bringt zu sagen, dieser Sch...kerl muss sterben. Ich habe mich mit sehr vielen Fällen befasst und bin auch, ob du es glaubst oder nicht, gegen die Todesstrafe. Ich glaube dir auch, dass Boggess ein anderer Mensch war, als er starb. Ich versuche, so viele Infos wie möglich über einzelne Fälle zu bekommen, um mir selbst ein Urteil über Schuld und Unschuld zu bilden. Dabei lese ich Pro- und Contra-TS Seiten. Ich bin der Meinung, dass, bei objektiver Betrachtung, auch in Deutschland die meisten "Unschuldigen" verurteilt worden wären. Mir geht es nur um diese Frage. Ich möchte in keiner Weise Kritik üben, dass ihr gegen die Todesstrafe kämpft, im Gegenteil! Es stürzen sich einfach zu viele darauf, wenn einer sagt, er ist unschuldig, obwohl sie die ganzen Fakten gar nicht kennen. Dabei geht das wahre Problem, nämlich die TS, unter. Viele, die pro TS sind, möchten sich gar nicht mehr damit beschäftigen und sagen: "Ach Gott, schon wieder ein Unschuldiger, wer es glaubt..." Wenn sie die Geschichte von Beathard gelesen hätten, von dessen Unschuld ich zu 100% überzeugt bin, würden sie auch nachdenken. Stattdessen schreien Mörder wie Mumia und Graham sofort "Rassismus", und jeder stürzt sich darauf.

Ich habe die Geschichte von Anne Coleman vor einiger Zeit gelesen, ich fand sie auch sehr beeindruckend. Ich weiß nur nicht, wie sie reagiert hätte, wenn man den Mörder ihrer Tochter gefunden hätte.

Ab und zu komme ich einfach trotzdem ins Zweifeln. Ich habe Bilder von Mordopfern im Internet gesehen, die Frage auf Petras Homepage, ob Hitler und seine Kumpane den Tod verdient hatten. Es gibt einfach schon einige Sachen, wo man definieren muss, ob jemand, der zu so etwas fähig ist, noch ein Mensch ist.

Viele Grüße, Harti

14. Oktober 2000

Hallo Harti,

ja, du hast recht, mich macht das auch stutzig, dass es im Zusammenhang mit dem Thema "Todesstrafe" augenscheinlich so sehr viele Unschuldige geben soll. Obwohl es bestimmt solche Fälle gibt - vielleicht nicht mal wenige -, glaube ich auf der anderen Seite nicht, dass tatsächlich alle unschuldig sind, die es von sich behaupten. (Nebenbei bemerkt: Irgendwie finde ich das sogar verständlich: Ich habe als Kind aus Angst vor den Konsequenzen auch mitunter gelogen, wenn ich was ausgefressen hatte. :-) Und ich bin auch skeptisch, wenn Gegner der Todesstrafe zu unkritisch damit umgehen und in dieser Hinsicht immer gleich alles glauben - gerade weil das dann den von dir beschriebenen Eindruck geradezu herausfordert und eine Auseinandersetzung mit der Todesstrafe u.U. ebenso erschwert wie den Einsatz für diejenigen, die wirklich oder zumindest mit größerer Wahrscheinlichkeit nicht schuldig sind.

Deshalb habe ich selbst im Fall von James Beathard, an dessen Unschuld ich glaube, bewusst nicht formuliert: "Er war unschuldig", sondern: "Es bestanden große Zweifel an seiner Schuld." Oder ich sage von einem anderen Brieffreund nicht: "Er ist unschuldig", sondern: "Er sagt von sich, dass er unschuldig sei." (In diesem Punkt war die Freundschaft mit Cliff tatsächlich unkomplizierter, weil über seine Schuld Klarheit bestand.)

Übrigens, deine mit Offenheit gepaarte Nachdenklichkeit, in die du beide Seiten einbeziehst, gefällt mir sehr gut!

Viele Grüße! Gabi

6. November 2000

Liebe Gabi,

ich habe mir gerade einmal (zugegebenermaßen recht flüchtig) Ihre verschiedenen Homepages durchgelesen. Da ich selber Fälle von Mord in der näheren Bekanntschaft und Verwandtschaft erlebt habe, kann ich leider nur sagen: "Rübe ab, je eher, desto besser." Hier in Namibia sind nach der Unabhängigkeit mehrere des Mordes geständige Personen nach kurzer Zeit (teilweise durch Amnestie unseres Präsidenten Sam Nujoma) wieder frei gekommen, nur um innerhalb weniger Tage oder Wochen wieder ähnliche Verbrechen zu begehen.

Nun kann man natürlich hingehen und jeden einzelnen Fall von der Geburt des Täters (von den Opfern spricht sowieso keiner mehr) bis zu der Tat psychologisch durchleuchten. Vielen Menschen kommen dann oft die Tränen, was dieser arme Mensch vor allem in seiner Jugend durchmachen musste. Armut, keine Schulbildung, Alkoholkonsum, Drogenmissbrauch usw. sind dann die üblichen Schlagwörter. Auf unser Land Namibia (vor der Unabhängigkeit 1990) bezogen, kann ich da nur sagen:

Armut, dafür kann man nichts, daraus etwas machen, ist eine andere Sache, Pro- und Contra-Beispiele gibt es genug, darüber können andere Websites mehr berichten. Schulbildung ist eine andere Sache, wenn man natürlich die Gebäude der "Kolonialisten" zerstört, nur um sie ein Jahr später von der SWAPO wieder aufbauen zu lassen (und um sie dann wieder zu zerstören, weil plötzlich auch die SWAPO Schulbildung verlangt), dann fragt man sich irgendwann: Wozu das alles?

Die Themen Alkohol, Drogen, durch Lehrer verursachte Schwangerschaften minderjähriger Schülerinnen, will ich mir in diesem Kontext sparen. Tatsache ist, dass niemand das Recht hat, das Leben eines anderen Menschen zu nehmen, aus welchen Gründen auch immer. Ein solcher Mensch hat sein Leben verwirkt und hat kein Recht auf den Schutz seines eigenen Lebens.

Daher bin ich ein konsequenter Verfechter der Todestrafe bei allen eines Kapitalverbrechens überführten und geständigen Personen. Das spart nicht nur dem Staat die obligatorischen $ 45.62 (ich hab die Zahl leider im Moment nicht im Kopf), sondern verhütet vor allem weitere Verbrechen derselben Person. (Schon mal vom Fall Schmökel gehört????????)

Würde mich freuen von Ihnen zu hören, auch wenn unsere Meinungen nicht dieselben sind.

MfG, Wilfried

12. November 2000

Hallo Wilfried,

zunächst einmal mein Mitgefühl für die tragischen Dinge, die Sie erleben mussten. Ich weiß zugegebenermaßen nicht, wie meine Einstellung zur Todesstrafe heute aussähe, wenn ich andere Dinge erlebt hätte oder zu einer anderen Zeit oder an anderem Ort aufgewachsen wäre. Ich kann im Grunde nur von meinen eigenen Erfahrungen und Überlegungen ausgehen.

Dass Mörder zum Teil zu leichtfertig freigelassen werden oder ein Frank Schmökel gleich ein halbes Dutzend Mal die Chance zu fliehen erhält, ist auch mir ein Dorn im Auge und ein Ärgernis, jedoch rechtfertigt es in meinen Augen nicht die Todesstrafe. Denn das sind vermeidbare Fehler, die auf behebbare Mängel im Strafvollzug zurückzuführen sind - ohne dass in unserem Jahrhundert dazu noch die Todesstrafe erforderlich wäre.

Dass man jeden Fall von der Geburt des Täters bis zur Tat psychologisch durchleuchten kann, halte ich sogar für eine sehr wichtige Erkenntnis. Mag durchaus sein, dass es hier auch Missbrauch gibt - wie überall -, aber ich weiß aus eigener bitterer Erfahrung, wie stark die Erlebnisse der Kindheit die Psyche eines Menschen prägen - viel stärker, als ich vor einigen Jahren selbst geglaubt hätte. Gerade diese Erkenntnis bestärkt mich in meiner Ablehnung der Todesstrafe, denn wenn die Gesellschaft immer ihren Teil dazu beiträgt, dass ein Mensch zu dem wird, was er später einmal ist, halte ich eine derartig absolute Strafe für unangebracht.

"Tatsache ist, dass niemand das Recht hat, das Leben eines anderen Menschen zu nehmen, aus welchen Gründen auch immer", schreiben Sie. Das sehe ich ganz genauso (von Notwehr und Nothilfe mal abgesehen). Gerade deshalb hat m.E. auch kein Staat das Recht, einem Menschen das Leben zu nehmen - auch nicht einem Mörder -, solange der Schutz der Gesellschaft auch auf andere Weise gewährleistet werden kann. Der Staat sollte vielmehr mit gutem Beispiel voran gehen und nicht mit Gewalt zu zeigen versuchen, dass Gewalt der falsche Weg ist

Viele Grüße nach Namibia! Gabi

12. März 2001

Aus einem Diskussionsforumsbeitrag über Todesstrafe (www.dasforum.de):

Ich habe die Geschichte von Clifford Boggess und die von seinem Freund gelesen. Gerade eben. Boggess hat sich verändert, schreibt der, der dem Charisma desselben heillos verfallen war. Ein nüchterner Journalist, der mehrere lange Interviews mit ihm geführt hat, geht davon aus, dass sich Boggess verstellt hat, vielleicht nicht bewusst... aber er hätte sich keeeiiin Stück verändert. Und jetzt kommt nobris zwingender Schluss:

Die Aussage/Beobachtung des Schmocks ist mir Schnurz. Aaaber..., jeder, der in einem bestimmten Abschnitt seines Lebens, "solche Dinge" (mir fällt gerade nichts besseres ein) getan hat, wird nach seiner angeblichen Veränderung nicht anfangen Psalmen abzusingen oder farbenfrohe Bilder zu malen. Er wird sich und seine Tat aus einer Distanz sehen, die ihm verbietet weiterzuleben, wohlgemerkt, nach wahrhaftiger Veränderung. Die lange Zeit in der Zelle, die Beschäftigung mit sich selbst. Die irgendwann auftauchende Frage: "War ich das?" Und dann... abgrundtiefe Verzweiflung. Boggess verdrängt. Er denkt mit keiner Faser an die Toten, an die Familien der Toten. Er denkt an SICH. An sein eigenes Seelenheil und daran, dass es Scheiße ist, einsam und gottlos zu sterben. Punkt.

Gerade sah ich, dass der, der den breit lachenden Typen auf der ersten Seite so vorteilhaft beschreibt, eine... Frau ist! Vergiss es. Das klassische Dilemma... der Mörder und die Liebe, der Tod und das Mädchen. Es ist zum Kotzen. Ich hätte kein Stück davon gelesen, wenn ich gewusst hätte, dass da eine Frau schreibt. Verliebt in einen Mörder. Ich hasse Talkshows.

Nobrowa

18. März 2001

Meine Antwort in dem Diskussionsforum:

Hallo Nobrowa,

Du hast mit Deiner Skepsis in meinen Augen völlig recht. Es gibt dieses Phänomen von "Frau liebt Mörder", das auch psychologisch irgendwie erklärbar ist. Es gibt wohl einen Typus von Frauen, der diesbezüglich in besonderem Maße "anfällig" ist - das mögen vielleicht Frauen sein, die in ihrem Leben schon enttäuschende und eventuell von Gewalt bestimmte Beziehungen zu Männern hatten, auf die Mörder einerseits eine besondere Anziehungskraft ausüben und die sich andererseits in einer solchen "Beziehung", in der der Partner im Gefängnis sitzt, sicher fühlen, weil der Mann ihnen nicht zu nahe kommen kann. Mir sind solche Frauen schon begegnet, und ich stehe diesem Phänomen ebenfalls mit Skepsis gegenüber, obwohl ich andererseits nicht glaube, dass jede Frau, die sich in einen Mörder verliebt, unter diesen speziellen Typus fällt - da gibt es sicher Ausnahmen.

Zur Richtigstellung: Ich selbst war in Cliff Boggess nicht verliebt, zähle mich also nicht einmal zu den eben erwähnten Ausnahmen. Dass Cliff sich von einem brutalen Mörder zu einem mitfühlenden Menschen verändert hatte, ist im übrigen nicht allein meine Meinung, sondern auch die einer Reihe anderer Menschen, die ebenso wenig wie ich in Cliff verliebt waren, sondern vielmehr selbst in glücklichen Beziehungen leben. Die Wirklichkeit ist eben meist doch nicht so einfach gestrickt, dass sie in die üblichen Schubladen hineinpasst.

Gruß, Gabi

24. März 2001

Hallo Frau Uhl, das Thema Todesstrafe zieht mich immer tiefer in seinen Bann.

Auslöser war für mich der Film "Dead Man Walking", den ich vor einigen Wochen zum wiederholten Mal gesehen habe. Immer wieder bekam ich nach diesem Film das Gefühl, dass ich persönlich IRGEND ETWAS gegen die Todesstrafe unternehmen müsste, ohne jedoch richtig zu wissen was. Vor kurzem habe ich das gleichnamige Buch von Sister Helen Prejean gelesen und danach beschlossen, dass ich zumindest nicht länger schweigen kann. Ich habe daraufhin die Website von Amnesty International USA besucht und einen Brief an den Gouverneur von Missouri mit Bezug auf die für den 7. März angesetzte Hinrichtung von Antonio Richardson geschrieben, die glücklicherweise (vorerst) nicht stattgefunden hat.

Gerade eben habe ich mir die Szenen aus dem Interview mit Cliff Boggess im Internet angesehen. Ich habe großen Respekt davor, dass Sie diesen Menschen auf dem Weg zu seinem Tod begleitet haben. Einige der von Ihnen geschilderten Empfindungen im Zusammenhang mit der Exekution kann ich gut nachvollziehen. Eine solche Tötung muss einem in der Tat völlig irreal erscheinen und ist doch so grausame Wahrheit.

Kennen Sie eigentlich die Homepage von Helen Prejean (www.prejean.org)?

Ich wünsche Ihnen alles Gute. Friede den Familien ALLER Opfer.

Beste Grüße, Christian W.

29. März 2001

Hallo Frau Uhl, über Ihre Antwort habe ich mich sehr gefreut.

In der Zwischenzeit habe ich übrigens zum ersten Mal selbst Kontakt mit einem Todestraktinsassen aufgenommen. Sein Name ist Dean Carter; seine Erfahrungen von der "death row" des Gefängnisses von San Quentin sind unter der URL http://utopia.ision.nl/users/annegr/deadman/talking.htm nachzulesen. Leider steht Dean nicht so aufrichtig zu seiner Schuld wie Cliff (oder sollte er wirklich unschuldig sein?), und er übt in seinen Schilderungen mitunter recht herbe Kritik an verschiedenen amerikanischen Organisationen der Opferfamilien. Die Lektüre ist dennoch unbedingt zu empfehlen!

Alles Gute und vielleicht bis bald, Christian W.

28. März 2001

Hallo! Ich wollte nur mal sagen, dass ich absoluter Befürworter der Todesstrafe bin und ich es unmöglich finde, wie man über so einen Menschen wie z. B. Cliff Boggess noch so "mitleidig" reden kann. Er hat es verdient hingerichtet zu werden, schließlich hätte er sich ja vorher überlegen können, was er tut, wenn er Menschen wegen ein paar Dollar umbringt. Außerdem finde ich, dass man die Todesstrafe auch in Deutschland einführen sollte. Wenn ich mir vorstelle, ein Perverser würde mein Kind umbringen, dem würde ich persönlich die Spritze setzen. Man muss sich doch nur mal die Nachrichten anschauen, wieviele Sexualtäter nur in eine Psychiatrische Anstalt eingewiesen werden, nach einiger Zeit wieder auf freien Fuß gesetzt werden und dann zum Wiederholungstäter werden. Da läuft doch was falsch in unserer Gesellschaft. Meiner Meinung nach werden diese Kriminellen noch viel zu gut behandelt, wenn man ihnen zum Beispiel noch eine letzte Wunschmahlzeit gewährt. Für mich haben diese Menschen keine würdige Behandlung mehr verdient, wie gesagt, ich bin dafür, dass die Todesstrafe hier eingeführt wird. Ich kann es mein ganzes Leben nicht verstehen, wie man zu solchen Menschen noch eine persönliche Beziehung aufbauen kann oder ihnen Briefe schreibt, ohne sie davor gekannt zu haben, und dann noch zu sagen, man kann sich gar nicht vorstellen, dass das ein Mörder sein soll. Das finde ich unmöglich den Angehörigen der Opfer gegenüber. Wäre nett, wenn du meinen Beitrag in deine Seite einbauen würdest.

8. April 2001

Hallo Christina,

aus deiner Mail ist ein hohes Maß an Emotionen herauszulesen, die einerseits durchaus verständlich sind, die einen andererseits mitunter hindern, die Dinge stärker differenziert zu betrachten. Wenn du erklärst, dem Mörder deines Kindes am liebsten selbst die Spritze setzen zu wollen, oder der Meinung bist, man sollte ihnen ihre letzte Wunschmahlzeit verweigern, spricht daraus namenlose Wut und unbändiger Zorn. Das vermischst du dann mit dem Vorwurf, die deutsche Justiz lasse Sexualstraftäter zu schnell wieder frei und ermögliche damit Wiederholungsstraftaten - hier geht es auf einmal um den Schutz der Gesellschaft - der selbstverständlich nötig ist.

Ich versuche die von dir angesprochenen Aspekte mal stärker zu differenzieren:

1. Da ist deine Wut und dein Zorn. Diese Emotionen sind absolut verständlich und nachvollziehbar. Ich hielte es aber für äußerst fragwürdig, wenn ein Staat für eine Sanktion wie die Todesstrafe diese Emotionen als Rechtfertigung heranziehen würde. Ein Staat und ein Richter müssen so objektiv wie möglich urteilen - gerade das kann nicht, wer emotional so stark betroffen ist wie ein Angehöriger eines Mordopfers.

Ich kann andererseits die Überlegung nachvollziehen, dass den Angehörigen eines Opfers aus der Strafe des Täters eine Genugtuung erwachsen sollte - ich bezweifle allerdings, dass das tatsächlich funktioniert. Ich habe zu viele Beispiele gesehen, in denen Angehörige des Opfers nach der Hinrichtung des Täters offenbar noch immer dieselbe Wut im Herzen hatten. Ich habe auch kürzlich in einer Reportage gesehen, wie die Angehörigen der Opfer in der Vorbereitung auf ihre Zeugenschaft der Hinrichtung ausdrücklich davor gewarnt wurden, davon zu viel zu erwarten hinsichtlich ihres Seelenfriedens.

Und ich finde das auch aus psychologischer Sicht nachvollziehbar. Es gibt Menschen in meinem Leben, die mir Schlimmes angetan haben und für die ich demzufolge große Wut und großen Hass empfinde. Ich habe lernen müssen, dass sich diese Gefühle nicht dadurch verändern, dass diese Menschen auf einmal weg sind aus meinem Leben oder dadurch, dass diesen Menschen etwas Schlimmes zustößt, von dem ich im ersten Augenblick denke, dass sie das verdient haben. Haben sie vielleicht sogar. Aber es nimmt mir nicht meinen Hass und Zorn. Und ich musste feststellen, dass gerade dieser Hass und Zorn mich unglaublich stark an genau die Menschen binden, von denen ich mich lösen will. Ich komme jetzt beileibe nicht mit frommen Sprüchen von Vergebung oder so, denn im Grunde ist meine Wut so groß, dass ich gar nicht vergeben will. Ich habe vielmehr feststellen müssen, dass ich in meinem Fall den Schmerz nur mit professioneller therapeutischer Hilfe überwinden kann - nicht aber durch das vermeintliche Unglück dessen, der mich verletzt hat.

Genau darin sehe ich eine Gefahr des amerikanischen Systems: Da warten die Angehörigen der Opfer jahrelang verzweifelt auf den Tag X, an dem der Täter endlich sein Leben lassen muss, weil sie glauben, von diesem Moment an ginge es ihnen besser - doch dann ist die Enttäuschung groß, wenn sich an dem Schmerz nicht wirklich etwas ändert durch den Tod des Täters. Das jahrelange Warten auf den Tag X ist dann hinsichtlich der Schmerz- und Trauerbewältigung verlorene Zeit, die besser hätte genutzt werden können und müssen, z.B. in Form einer psychotherapeutischen Behandlung.

Summa summarum: Hinsichtlich der absolut verständlichen Emotionen von Wut, Zorn, Trauer, Hass bringt nach meinen Beobachtungen und Erfahrungen der Tod eines Mörders nicht den gewünschten Frieden. Demgegenüber steht aber das Leid, das den Angehörigen des Täters durch dessen Hinrichtung widerfährt - auch der Täter hat ja eine Familie, und das sollte man nicht ganz vergessen.

2. Zum Aspekt des Schutzes der Gesellschaft vor Wiederholungstätern: Selbstverständlich muß die Gesellschaft ausreichend geschützt werden. Dass hier in unserem Strafvollzug Fehler passieren, ist auch mir ein Dorn im Auge. Aber um diese Fehler zu beheben oder zu minimieren, ist keine Todesstrafe erforderlich. Es wäre völlig ausreichend, diejenigen Straftäter, von denen eine Gefahr für die Gesellschaft ausgeht, eben nicht wieder in die Freiheit zu entlassen. Das sieht unsere Gesetzeslage sogar vor, denn es gibt ja die Möglichkeit einer tatsächlich lebenslangen Sicherungsverwahrung.

Im übrigen stellt sich mir die Frage, inwieweit das Problem der Wiederholungstäter nicht immer wieder hochgespielt wird. Versteh mich bitte richtig: Ich will diese Straftaten in keiner Weise verharmlosen. Fakt ist aber, dass statistisch die Rate der Wiederholungstäter bei Mord nach meinen Informationen unter 3 % liegt. Das heißt, du würdest hundert Mörder hinrichten, obwohl nur drei von ihnen rückfällig werden? Ist es nicht sinnvoller, die ganzen hundert einzusperren und für ihren Lebensunterhalt und für eine Entschädigung der Opfer arbeiten zu lassen?

Hochsicherheitsgefängnisse mit ausreichendem Personal sind als Schutz der Bevölkerung in unserer Zeit völlig ausreichend. Natürlich bleibt ein Restrisiko bestehen - das ist aber bei der Todesstrafe nicht anders, denn der Todeskandidat verbringt ja auch erst mal Jahre im Gefängnis. Und wollte man ihm die nehmen, steigt wiederum das Risiko, Unschuldige hinzurichten - ein Risikofaktor, den man ohnehin dem der Wiederholungstäter gegenüberstellen muss.

Wenn ich der Meinung bin, dass das Risiko der Wiederholungstäter häufig hochgespielt wird, dann nicht deswegen, weil ich deren Taten nicht schlimm fände - das sind sie zweifellos -, sondern weil das Risiko im Verhältnis zu anderen Risiken, die wir im Leben bereitwillig eingehen, viel geringer ist. Das Risiko, dass dein Kind z.B. von einem Auto überfahren wird, ist um ein Vielfaches größer, als dass dein Kind einem Wiederholungsstraftäter zum Opfer fällt. Dennoch, vermute ich mal, wirst du nicht mit derselben Vehemenz die Abschaffung der Autos fordern, mit der du gleichsam die "Abschaffung" der Straftäter forderst. Die Risiken müssen in beiden Fällen so gering wie möglich gehalten werden, aber eben nicht um jeden Preis.

Ich halte es darüber hinaus auch für fragwürdig, ob es sehr überzeugend ist, wenn ein Staat einen Menschen tötet, um zu zeigen, dass Töten falsch ist - solange ihm andere Mittel zur Verfügung stehen, um die Gesellschaft zu schützen.

3. Die Sexualstraftäter, die du ansprichst, verdienen meiner Ansicht nach noch ein paar eigene Überlegungen, denn hier muss man m.E. noch mal weiter differenzieren. Ich vermute, dass ein nicht geringer Anteil der Sexualstraftäter tatsächlich krank ist und daher zu Recht in eine psychiatrische Anstalt kommt. Jemand, der krank ist, gehört m.E. nicht mit dem Tode bestraft, sondern behandelt. Ich bin allerdings schon der Meinung, dass man mit Entlassungen doch sehr viel vorsichtiger sein und gefährliche Täter durchaus lebenslang in einer geschlossenen Anstalt behalten sollte. Die landläufige Meinung, die man öfter zu hören bekommt, diese Menschen seien sowieso nicht therapierbar, ist jedoch falsch. Etwa ein Drittel der Sexualstraftäter kann nach Aussage von Fachleuten erfolgreich therapiert werden - und die anderen beiden müssen m.E. dann eben in geschlossenen Anstalten verbleiben.

Ich glaube, dass beim Thema Sexualstraftäter sehr schnell bei vielen Leuten jede Menge Emotionen mitschwingen, die einen Blick auf objektive Fakten oder ein differenzierteres Hinschauen auf den Einzelfall behindern. Ich habe mal eine Reportage über einen jungen Sexualstraftäter gesehen, der sich mehrfach an Kindern vergangen hatte. Man hat in diesem Film einen Menschen kennen gelernt, der nicht bösartig oder gewissenlos war, sondern selbst unter seiner Veranlagung gelitten hat. Er lebte in einer geschlossenen therapeutischen Anstalt, aus der er gar nicht mehr heraus wollte, weil er sich hier sicher fühlte. Bei einem vorherigen Freigang - den man ihm m.E. nicht hätte gewähren sollen - hatte er sein Verlangen nach kleinen Kindern wieder gespürt und sich bis spät abends irgendwo versteckt, um zu verhindern, irgendeinem Kind zu begegnen. Dieser junge Mann litt ganz offensichtlich unter seiner psychischen Krankheit, wollte nicht wieder straffällig werden und tat, was ihm möglich war, es zu verhindern.

Sobald man von Kinderschändern hört, kochen üblicherweise die Gefühle über und der Ruf nach der Todesstrafe erschallt. Dieser oben beschriebene junge Mann hat m.E. alles andere als die Todesstrafe verdient. Er ist krank und er ist genau da, wo er hingehört: in einer geschlossenen therapeutischen Anstalt. Und dort sollte er - nötigenfalls für immer - bleiben. Aber hingerichtet gehört er nicht, und ich glaube nicht, dass er unter den Sexualstraftätern der absolute Einzelfall ist.

Soweit mal meine Anmerkungen zu den von dir angerissenen Aspekten. Abschließend vielleicht eine Bemerkung dazu, dass du die Art und Weise, wie ich von Cliff Boggess spreche, den Angehörigen der Opfer gegenüber unmöglich findest: Ich bringe den Angehörigen von Cliff's Opfern mein aufrichtiges Mitgefühl entgegen. Ich weiß sehr wohl um Cliff's Taten und darum, wie unvorstellbar schrecklich sie waren. Es liegt mir fern, irgend etwas davon zu verharmlosen. Der Cliff, den ich kennen gelernt habe, hatte sich aber in den 12 Jahren zwischen seinen Verbrechen und seiner Hinrichtung verändert - und nur diesen Cliff kann ich beschreiben.

Menschen sind nie nur ganz gut oder nur ganz böse. Menschen verändern sich in die eine oder andere Richtung. Sie bleiben nicht ihr Leben lang dieselben. Von Mördern und anderen Schwerverbrechern möchten sich viele von uns nur zu gern distanzieren, indem wir sie als Bestien oder Abschaum bezeichnen. Wir würden so etwas "Un-Menschliches" nie tun. Dabei übersehen wir gern, dass Aggression und Gewaltbereitschaft in jedem von uns potentiell vorhanden ist - wenn die Umstände nur entsprechend sind, ist so ziemlich jeder von uns in der Lage, einen anderen Menschen zu töten, davon bin ich überzeugt. Damit, dass du dem Mörder deines Kindes selbst die Spritze setzen möchtest, bestätigst du das im Grunde.

Vielleicht geben dir diese Gedanken etwas Stoff zur weiteren Auseinandersetzung mit der Thematik - würde mich jedenfalls freuen.

Gabi

3. April 2001

Hallo, ich möchte mich recht herzlich dafür bedanken, dass Sie diese interessante Page ins Netz gestellt haben. Ich bin noch in der Schule und einer, der die Wahrheit schönen Lügen vorzieht. Wir nehmen in der Schule in Religion das Thema "Tod" durch. Als viele in meiner Klasse meinten, es wäre sinnvoll, die Todesstrafe wieder einzuführen, dachte ich mir: "Die haben keine Ahnung", aber das kann man ja ändern. Deswegen will ich ein Referat über die Todesstrafe halten. Ich habe mich im Internet darüber informiert und bin auch auf Ihre Seite gestoßen.

Ich habe mich mit meinem Reli-Lehrer darüber unterhalten, und er fand Ihre Seite auch sehr interessant. Ihre Seite ist ganz anders als die meisten. Als ich Ihre Texte las, dachte ich, es würde mich zerreißen vor Trauer und Hass gegenüber dem Staat, der solche Strafen noch durchführt. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, wie das ist, das kann sich keiner vorstellen, der es nicht erlebt hat, denke ich, aber mich hat es trotzdem tief getroffen. Ich bewundere Sie für Ihren Mut, dass Sie das so offen ins Internet schreiben!

Mit freundlichen Grüßen, Bodo

11. Juni 2001

Hi! Ich glaube, ich sitze jetzt schon seit 4 Stunden vor deiner Page. Ich habe immer noch nicht alles gelesen. Ich muss sagen, der Aufbau hat mir sehr gefallen. Auch die vielen Bilder sind gut. Das Ganze muss dich viel Arbeit gekostet haben. Die Geschichten, die du erzählst, haben mich sehr bewegt. Ich habe öfter über die Todesstrafe nachgedacht und auch einige Diskussionen darüber geführt, auch immer einen ablehnenden Standpunkt bezogen, aber eine so starke Abneigung wie zu diesem Zeitpunkt nie empfunden. Ich denke, das war Ziel dieser Seite. Ich werde mich auch weiter damit beschäftigen und diese Page weiterempfehlen. Es ist gut, dass es Menschen wie dich gibt, die sich so stark engagieren und andere Menschen erst einmal an das Wissen bringen, um sich überhaupt engagieren zu können. Ich habe nicht gewusst, dass ein Mensch, der so offensichtlich unschuldig ist, hingerichtet wird. Das wirft mal wieder kein gutes Licht auf den "Weltverbesserer" Amerika. Aber abschließend möchte ich noch einmal meinen großen Respekt für dich und andere äußern, die ihre Freunde in der schwersten Zeit ihres Lebens nicht im Stich lassen und ihnen beistehen!

Katja

16. August 2001

Aus einem Beitrag im Diskussionsforum von www.todesstrafe.de:

Gabi, du bist doch diejenige, die die Homepage todesstrafe-texas.de gemacht hat, oder? Ich kenne deine Seite seit einiger Zeit und wollte dir schon länger etwas dazu sagen. Deine HP hat mich sehr bewegt! Ich finde die Art, wie du Cliff Boggess, ihn als Person, sein Leben und Sterben schilderst, ohne seine Taten auszulassen oder ihn zu verherrlichen, sehr, sehr schön, gelungen und "taktvoll"! Auch, dass du Cliffs Opfern und deren Angehörigen auf der ersten Seite dein Beileid aussprichst, gehört zu dieser Art von Takt, die ich meine. Bei dir spürt man, dass du beide Seiten siehst - die Opfer, aber auch im Besonderen die Täter, die immer noch Mitglieder unserer Gesellschaft sind, die es zu respektieren, zu achten und ihre Menschenwürde zu schützen gilt. Dazu möchte ich noch sagen, dass ich - auch ohne Cliff persönlich gekannt zu haben - durch die Art, wie du ihn präsentierst, das Gefühl habe, dass er - jetzt ist es schwer, passende Worte zu finden - ein angenehmer, in sich ruhender, ausgeglichener Mensch war, der durch seine Taten viel gelernt und sich geändert hat. Als ich die Spirituals gehört habe, die Cliff im Gefängnis gesungen hat, habe ich geweint - einfach, weil es mich in diesem Moment wieder einmal so geschockt, traurig und wütend gemacht hat, dass es sich Staaten herausnehmen, Menschen "im Namen des Gesetzes" das Leben zu nehmen - MENSCHEN, keinen Monstern!!! Deine HP ist eine Bereicherung für das WWW und besonders für die, die sich mit der Todesstrafe beschäftigen!

Ich hoffe, man liest sich, und liebe Grüße auch euch, Norma

5. März 2002

Ich muss ehrlich sein, ich bin ein Befürworter der Todesstrafe. Ich glaube, dass ein Mörder nicht mehr das Recht hat zu leben. Er hat sein Recht auf Leben verloren, als er den Mord beging. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Die Gesellschaft fühlt sich vielleicht auch geschützter, wenn sie weiß, dass der Mörder tot ist. Aber ich bin gegen die langen Wartezeiten in den Todeszellen. Man sollte es sofort ausführen und nicht Jahrzehnte damit warten. Das Warten ist ja die grausamste Strafe. Der Tod an sich geht schnell und macht nicht so viel Angst.

23. März 2002

Hallo Anna,

die Ansicht, dass ein Mörder sein Recht auf Leben verloren hat, entspringt meiner Meinung nach einer verständlichen Wut und Empörung über dessen Tat. In meinen Augen ist das allerdings nur eine Setzung, die sich nicht zwingend begründen lässt. Ich könnte dem entgegensetzen, dass meines Erachtens niemand das Recht hat, einen anderen Menschen zu töten, auch kein Staat - und könnte das genauso wenig zwingend beweisen.

"Auge um Auge, Zahn um Zahn", das ist auch so eine Sache. Leider wird dieses Zitat aus dem Alten Testament in aller Regel fälschlicherweise als Aufforderung interpretiert, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Tatsächlich war dieser biblische Satz in seinem ursprünglichen Zusammenhang aber anders gemeint. Das Zitat stammt aus einer Zeit, in der Blutrache an der Tagesordnung war und Vergeltung oftmals eskalierte. Der bekannte "Auge-um-Auge"-Spruch sollte der Eskalation von Gewalt und Vergeltung Einhalt gebieten, indem er dazu aufforderte, dem anderen nicht mehr anzutun, als dieser getan hatte. Nicht eine Aufforderung zur Vergeltung, sondern eine Begrenzung derselben steckt hinter diesem alttestamentlichen Bibelvers. Aber das nur am Rande.

Ob sich die Gesellschaft sicherer fühlt, wenn der Mörder tot ist? Ich wage das zu bezweifeln. Zum einen ist bzw. wäre die Gesellschaft schon ziemlich sicher, wenn man gefährliche Mörder tatsächlich lebenslänglich hinter Gitter bringt. Zum anderen liegt die Rückfallquote bei Mördern unter 3 % - es ist also ungleich wahrscheinlicher, von einem Ersttäter ermordet zu werden. Wenn ich also ein so furchtsamer Mensch wäre, dass ich Angst hätte, ermordet zu werden, so hätte ich diese Angst auch dann, wenn man Mörder hinrichten würde.

Ja, die langen Wartezeiten in den Todeszellen sind grausam. Aber wer von uns will beurteilen, ob der Tod bzw. das Wissen um die genaue Todesstunde nicht ebenso oder noch grausamer ist? In die Lage von Todeskandidaten können wir uns als Nicht-Betroffene kaum versetzen. Entscheidender an Deiner Forderung, Hinrichtungen sofort auszuführen, scheint mir aber ein anderer Punkt zu sein: Man wartet in den USA ja nicht deshalb Jahre mit der Hinrichtung, um die Täter zu quälen, sondern weil man ihnen in einem demokratischen Land wie den Vereinigten Staaten bestimmte Berufungsverfahren zuerkennt. Seit den 70er Jahren sind fast 100 Menschen aus den Todestrakten der USA wegen nachträglich erwiesener Unschuld freigekommen. Hätte man sie gleich hingerichtet, statt ihnen die Berufungsverfahren und die dafür nötige Zeit zuzubilligen, hätte man 99 Unschuldige hingerichtet.

Ich hoffe, es ist für dich in Ordnung, dass ich dir auf diesem Wege antworte - es ist meine einzige Möglichkeit, da deine E-Mail-Adresse versehentlich fehlerhaft war. Schöne Grüße, Gabi

17. März 2002

Am 9. März 2002 war in einer Tageszeitung ein Artikel über mich und meine Erfahrungen mit dem Thema Todesstrafe erschienen. Zehn Tage später erreichte mich folgender anonyme Brief in meiner Arbeitsstelle:

Wir leben leider in einer Zeit, in der sich um die Täter mehr als um die Opfer gesorgt wird. Wenn der Beweis des Mordes eindeutig ist, warum soll ein auch noch zweifacher Mörder auf Kosten des Staates, also der Allgemeinheit, sein Leben eventuell noch in einem Gefängnis mit vielen Annehmlichkeiten verbringen? Sie sollten sich mal fragen, wie die Angehörigen der Opfer mit ihrem Leid fertig werden, anstatt mit ihren Erlebnissen bei der Hinrichtung eines zweifachen Mörders hausieren zu gehen.

Die "Sanftheit" kurz vor seinem Tod ist wohl verständlich, sie ist auf die eigene Person gerichtet und entspringt der Angst vor dem, was ihm bevorsteht. Ein Selbstmitleid! Hatte er Mitleid mit seinen Opfern? An die sollten Sie auch mal denken. Vielleicht dämpft das Ihre in diesem Fall unangebrachte Gefühlsduselei.

Hoffentlich bringen Ihre "Vorträge" in den Schulen den bei manchen Schülern sicher vorhandenen gesunden Menschenverstand nicht auf die falsche Schiene. Und vergessen Sie vor allen Dingen nicht, auch den Raubmord Ihres Brieffreundes bis ins Detail zu schildern, auf welche Weise er vorgegangen ist. Ich bin überzeugt, dass sein gerechtfertigter Tod mit der Giftspritze gegenüber seinen Morden viel zu sanft und human ist.

P.S.: In Bezug auf die heute oft vorhandene abwegige emotionale Verfassung einiger Menschen hat mir mein Umfeld zur Anonymität geraten.

23. März 2002

Werte Dame oder werter Herr, fühlen Sie sich nun besser? Sie ver(sch)wenden eine unglaubliche Energie darauf, mir einen hasserfüllten Brief zu schreiben, besitzen aber nicht einmal das Rückgrat, mit Ihrem Namen zu Ihrer Meinung zu stehen. Die "abwegige emotionale Verfassung einiger Menschen" mag es durchaus geben, aber im Gegensatz zu Ihnen gehe ich das Risiko ein und stelle mich ihr - sonst hätten Sie gar keine Möglichkeit gefunden, mich zu erreichen. Wovor fürchten Sie sich? Dass ich Ihnen antworten könnte? Dass Ihnen meine Antwort nicht gefallen könnte?

Ich könnte Ihnen auf jeden Ihrer Sätze eine Erwiderung schreiben: Dass Sie sich offenbar mit amerikanischen Gefängnissen und Verhältnissen kaum auskennen, wenn Sie die Gefängnisse dort für annehmlich oder die Todesstrafe für kostengünstiger halten. Dass Sie über Cliff Boggess im Grunde gar nichts wissen und ihn völlig falsch einschätzen, wenn Sie seine "Sanftheit" als Selbstmitleid oder Todesangst deuten. Dass Gegner der Todesstrafe zu sein und sich mit den Tätern auseinanderzusetzen in keiner Weise bedeutet, dass mir die Opfer egal sind - übrigens: Ich bin Mitglied der Opfer-Hilfsorganisation WEISSER RING.

Aber das alles möchten Sie ja offenbar gar nicht wissen, sonst hätten Sie mir die Möglichkeit gegeben, Ihnen zu antworten. Ich weiß nicht, was Sie zu derartiger Verbitterung, wie sie aus Ihren Zeilen spricht, gebracht hat. Aber ich habe das Gefühl, Sie möchten nur weiter Ihre Verbitterung und Ihren Hass schüren, nicht aber sich damit auseinandersetzen.

Ob der Tod von Cliff Boggess moralisch gerechtfertigt war, sei dahingestellt, nach der texanischen Gesetzeslage war er es zweifellos. Gebracht hat er unterm Strich jedoch nichts. Die Opfer hat er nicht wieder lebendig gemacht, und die Angehörigen der Opfer haben durch seine Hinrichtung meinen Beoabachtungen nach auch nicht den erwünschten Frieden gefunden. Sie schienen nach Cliff's Tod noch immer denselben Hass im Herzen zu haben - ebenso wie Sie?

Freundliche Grüße, Gabi Uhl

28. August 2002

Liebe Gabi!

Ich war gerade auf deiner Seite, und ich muss wirklich sagen, deine Geschichte mit Cliff hat mich sehr berührt. Wie glücklich und dankbar muss er wohl gewesen sein, noch so gute Freunde gefunden zu haben?? Ich finde es irgendwie so schön, dass du alles so genau beschrieben hast bzw. andere Menschen, die nichts mit dem Thema zu tun haben, so hast teilnehmen lassen an deinen Erlebnissen und Gedanken. Also, ich könnte mir vorstellen, dass viele Menschen dadurch ins Nachdenken kommen. ...

Cliffs Bilder sind wirklich unglaublich. Besonders dieses Familiy-Bild, wozu du ihn nicht mehr fragen konntest - dieses Bild finde ich einfach Wahnsinn. Ich finde, da ist total viel Kraft und Energie drin. Auf der einen Seite wirkt das Bild dadurch so stark und positiv, aber auf der anderen Seite wirkt es auch unglaublich durcheinander und rastlos und macht mich fast ein bisschen ängstlich. So, als hätte er ganz viel in sich und wüsste nicht, wohin damit. Es irritiert, weil das Auge nicht weiß, wohin es zuerst gucken soll - so ging es mir zumindest. Und trotzdem erkennt man eine harmonische Einheit, weil es insgesamt so runde Formen sind, also so weich. Super interessant irgendwie. ...

Alles Liebe, Claudia

11. Oktober 2002

Liebe Gabi,

erstmal ein großes Lob an deine tolle Webseite(n), dazu noch zweisprachig... da ist man(n) platt! :-) Allerdings mache ich mir seit geraumer Zeit wirklich Gedanken zum Thema Todesstrafe. Vor einigen Jahren hatte ich einen Briefpartner in Huntsville, TX, der nach 19 Jahren hingerichtet wurde - was genau er getan hat, das weiß ich bis heute noch nicht so ganz genau - seine Briefe an mich waren immer etwas verwirrend und konfus. ... Als überzeugter Christ lehne ich die Todesstrafe im Prinzip ab - allerdings mit einer Ausnahme vielleicht: Kinderschänder, die Kinder nicht nur missbrauchen und vergewaltigen - nein, diese Leute müssen den Kindern noch zusätzlich das Leben endgültig aushauchen. Ich finde, in Deutschland ist die Justiz, in Bezug auf Kinderschänder - und auf Sexualstraftäter im allgemeinen - einfach zu lasch und zu liberal. Ich verlange ja nicht gleich die Einführung der Todesstrafe, obwohl ich aber mehr und mehr doch zu der Auffassung komme, dass es bei Kinderschändern/-mördern vielleicht doch gerecht wäre - ich weiß, das ist paradox, aber das Thema Todesstrafe will ich mir auch nicht zu einfach machen. Andererseits: Wenn jemand für 20-30 oder mehr Jahre im Knast schmoren muss, dann ist das für denjenigen erst recht eine Strafe - da wäre die Exekution fast schon eine Erleichterung für den betroffenen Straftäter. Es erfüllt mich dann auch mit etwas "Genugtuung", dass selbst Kinderschänder im Knast das allerletzte sind... Okay, das ist keine sehr christliche Haltung - aber bei diesem Thema reagiere ich einfach emotional und weniger mit dem Kopf. Was meinst du? Viele Grüße... Torsten

20. Oktober 2002

Hallo Torsten, vielen Dank für deine Mail - und hier nun endlich meine versprochene Antwort! :-) ...

Zu deiner Frage nach den Kinderschändern: Ich finde es absolut verständlich, auf dieses Thema emotional zu reagieren. Wenn man sich vorstellt, was manch ein Täter einem Kind angetan hat - man wäre nicht normal, wenn einen das kalt ließe! Es ist, denke ich, eine Form von Mitgefühl mit dem Opfer, das in der Wut auf den Täter seinen Ausdruck findet. Das ist die eine Seite - aber ich denke, man muss noch weiter differenzieren.

Wir haben in unserer Zeit ja - im Gegensatz zu früheren Jahrhunderten - ein Strafrecht, das sich nicht einfach am Ergebnis der Tat orientiert, sondern die Motivation des Täters mit berücksichtigt. Deshalb ist es für uns ja selbstverständlich, dass wir eine fahrlässige Tötung beispielsweise anders bestrafen als einen kaltblütig geplanten Mord. Im Mittelalter dagegen hätte es einfach geheißen, tot ist tot, und dafür gibt es die und die Strafe - egal, ob es nun ein Versehen oder Absicht war.

Natürlich fällt der Kinderschänder, der sein Opfer danach auch noch tötet, nicht unter die Kategorie "fahrlässige Tötung" - das wollte ich damit auch nicht sagen. Aber ich finde es wichtig, zwei Dinge zu differenzieren, nämlich zum einen den Blick auf das Opfer und das Ergebnis der Tat - und da ist Zorn und Wut durchaus angebracht und in Ordnung. Die andere Seite ist dann aber der Blick auf den Täter und seine Hintergründe für die Tat. Ich will beileibe nicht Sexualstraftätern allgemein Schuldunfähigkeit attestieren, aber im Einzelfall muss man eben doch die Ursachen genauer untersuchen. Nicht selten ist diese Art von Straftätern selbst zunächst Opfer gewesen und missbraucht worden, die meisten, würde ich vermuten, sind in irgendeiner Form gestört und krank. Es gibt auch welche, die selbst unter ihrer Veranlagung leiden und freiwillig in einer geschlossenen Anstalt verbleiben möchten, um gar nicht wieder in die Versuchung zu geraten, ein Kind zu missbrauchen.

Das alles bedeutet noch nicht automatisch Schuldunfähigkeit, denn die läge in meinen Augen nur vor, wenn keinerlei Einsicht in die Verwerflichkeit der Tat oder keine Chance gegen einen übermächtigen Trieb vorliegen würde. Jedoch eine zumindest eingeschränkte Schuldfähigkeit kann ich mir in vielen Fällen vorstellen. Es ist nicht normal und immer etwas im Grunde Krankhaftes, wenn ein Erwachsener ein Kind missbraucht. Ob die Gesetze für Kinderschänder bei uns zu lasch sind - ich weiß es nicht. Möglicherweise sind die Gesetze gar nicht so verkehrt, aber zweifellos gibt es Fälle, in denen der gesetzliche Rahmen zu wenig ausgeschöpft wird, oder Fälle, in denen Fehler passieren, die dazu führen, dass ein Täter erneut etwas anstellen kann. Hier ist sicher ein Handlungsbedarf gegeben.

Andererseits zeigen Untersuchungen, dass die Rückfallquote von Sexualstraftätern im Maßregelvollzug - die sich also einer Therapie unterziehen müssen - wesentlich geringer ist als bei denen, die man einfach zur Verwahrung in den Knast gesteckt hat. Hier müsste m.E. noch viel mehr getan werden, denn es zeigt sich doch deutlich, dass die oft gehörte Stammtischparole: "Die sind ja sowieso alle nicht therapierbar", nicht greift. Es mag durchaus welche geben, die man nie wieder auf die Menschheit loslassen sollte, weil sie immer eine Gefahr für die Gesellschaft bleiben werden. Aber das trifft eben bei weitem nicht auf alle zu. Leider hört man in den Medien natürlich vorwiegend von den Fällen, in denen ein Täter auf Freigang rückfällig wurde, und fast nie etwas über die Erfolge von therapierten Tätern - die es nämlich auch und wohl sogar in größerer Zahl gibt.

Wenn ich also meine Emotionen, die ich habe, wenn ich das Ergebnis einer Tat sehe, mal beiseite lasse und den Blick auf den Täter und seine Verantwortung richte, dann muss ich sagen, relativiert sich meine Wut bei Kinderschändern etwas. Und dann ist mein Zorn größer, wenn ich mir jemanden vorstelle, der kein Kind missbraucht, sondern beispielweise kaltblütig eine alte Oma vergiftet hat, um aus Habgier an ihr Erbe oder eine Versicherungssumme zu gelangen. Wenn ich also nicht auf das Ergebnis der Tat, sondern auf die Verantwortung des Täters schaue, dann sind in meinen Augen die Kinderschänder - wenn man es mal so verallgemeinert sagen kann, denn eigentlich muss man ja immer jeden Fall für sich betrachten - dann sind die Kinderschänder meinem Gefühl nach gar nicht unbedingt die schlimmsten Verbrecher, sondern ich kann mir schlimmere vorstellen, obwohl das Ergebnis von deren Tat vielleicht weniger schlimm auszusehen scheint. Hm... Konnte ich mich irgendwie so ausdrücken, dass du verstehst, was ich meine?

Und zum Aspekt der Todesstrafe vielleicht noch: Wenn man genug Zorn auf einen Täter verspürt, finde ich es durchaus verständlich, ihm den Tod zu wünschen. Obwohl du natürlich auch Recht hast, wenn du sagst, dass das - zumindest für manche - vielleicht die geringere Strafe wäre als Jahrzehnte im Gefängnis zubringen zu müssen. Ich denke, gerade so eine irreversible Strafe wie die Todesstrafe darf aber nicht von Emotionen abhängen, sondern da ist wirklich der Kopf gefragt. Und da sagt mein Kopf, dass die Todesstrafe in unserer Zeit, die andere Möglichkeiten hat, die Gesellschaft vor Straftätern wirksam zu schützen, keinen Nutzen bringt, der sie rechtfertigen würde. In meinen Augen erzeugt sie nur neues Leid, und ein Staat, der sie durchführt, gibt sich m.E. nicht gerade vorbildlich. Wir versuchen schon den kleinen Kindern beizubringen, dass Gewalt im Konfliktfall keine Lösung ist, und sollten meiner Meinung nach auch im Großen versuchen die Gewaltspirale zu durchbrechen, wo immer es möglich ist.

Viele Grüße! Gabi

26. Oktober 2002

Liebe Gabi, ...

Was ist also eine angemessene Strafe für einen Kinderschänder/-mörder? Ich bleibe dabei, dass das deutsche Rechtssystem in dieser Hinsicht oftmals viel zu lasch und zu lächerlich ist. Eine wirkliche Bestrafung findet nicht statt, stattdessen wird immer wieder eine psychotherapeutische Behandlung mit vorzeitiger Entlassung angestrebt, die letztendlich aber wieder dazu führt, dass derjenige Kinderschänder rückfällig wird.

Die Angehörigen der Opfer hingegen müssen sehen, wie sie fertig werden - sie bekommen oftmals keine therapeutische Behandlung und Hilfe. Warum eigentlich?? Die Opfer bzw. deren Angehörige gehen oftmals leer aus und müssen sehen, wie sie mit der traumatischen Erfahrung fertig werden. In Deutschland steht immer noch Täterschutz vor Opferschutz - in fast jeder Hinsicht, egal, ob bei Mord oder einem Raubüberfall - fast immer gehen die Opfer leer aus und müssen mit ihrem Trauma selbst fertig werden. ...

Noch weniger lustig finde ich es, wenn diese Sexualstraftäter nach einiger Zeit wegen "guter Führung" vorzeitig entlassen werden, ohne sich selbst wirklich verändert zu haben, und danach erneut Unheil an Kinderseelen anrichten können. Wenn die Kinder dann noch ermordet werden, ist es natürlich noch wesentlich schlimmer - aber auch hier erkenne ich keine den Taten angemessene Strafe im deutschen Rechtssystem. Ich fordere ja nicht gleich die Todesstrafe, aber ein lebenslanges "Wegsperren" und lebenslange Sicherheitsverwahrung halte ich schon für angemessen - aber gerade dieses Strafmaß wird fast so gut wie nie verhängt.

Was mich aber oftmals ärgert, sind die Versuche, die Taten von Sexualstraftätern noch erklären zu wollen. Entschuldigung - aber für sowas gibt es keine Erklärung! Auch ich hatte eine schwere Kindheit und schwere Jugend und auch ich hatte es nicht leicht, aber ich bin ein erwachsener Mensch und weiß um die Verantwortung, die ich mit mir und mit anderen Mitmenschen habe und dieses Gefasel von "schwerer Kindheit" bei Kinderschändern kaufe ich schon lange niemandem mehr ab. Dies ist schon kein Erklärungsversuch mehr, sondern nur noch eine billige Ausrede.

Natürlich habe auch ich sexuelle Triebe, die ich nicht immer gut steuern kann, aber ich weiß, wie ich mich "abreagiere", und das ohne irgendwelche Straftaten zu begehen oder mich an kleinen Kindern zu vergreifen! Jeder andere Mensch hat ebenso diese Möglichkeiten, die ich habe. Viele Kinderschänder sind doch - ehrlich gesagt - einfach zu feige, ins Bordell zu gehen und sich dort den Sex zu holen, den sie brauchen - stattdessen vergreifen sie sich lieber an kleinen Jungs/Mädchen, wo es nichts kostet und wo die Männer das "Sagen" haben und sich einmal als Diktator aufspielen können. Und wenn das Kindchen nicht will oder sich wehrt, wird es halt kaltgemacht...

Ich bin mir sicher, dass die meisten aller Kinderschänder genau wissen, was sie tun und demzufolge auch 100%ig schuldfähig sind und demnach auch entsprechend bestraft werden müssen. Nur eine Minderheit ist meiner Meinung nach psychisch gestört und braucht demzufolge wirkliche Hilfe. Und noch weniger Kinderschänder sind bereit, sich zu stellen und von sich aus Hilfe in Anspruch zu nehmen. Diejenigen, die wissen, dass sie für sich und andere gefährlich sind, sind noch am ehesten therapierbar, weil sie um ihre eigene Gefahr wissen und davor selber Angst haben.

Ich gebe dir recht, dass es durchaus Sexualstraftäter gibt, die therapierbar sind und die man auch wieder resozialisieren kann, allerdings sollte auch hier eine Entlassung unter Auflagen sanktioniert werden, z.B. chemische Kastration (und das nicht nur auf freiwilliger Basis) und regelmäßiges Erscheinen bei der örtlichen Polizeibehörde und regelmäßige Teilnahme an einer therapeutischen Sitzung/Behandlung oder Selbsthilfegruppe. Ich gehe nicht soweit wie viele Amerikaner, die öffentlich bekannt machen wollen, wo in ihrer Nachbarschaft ein Kinderschänder lebt. Das geht auch mir zu weit ,und natürlich bin ich auch der Überzeugung, dass jemand eine zweite Chance verdient hat, aber wenn dieser jemand auch die zweite Chance verspielt, dann soll er endgültig und lebenslang hinter "Schloss und Riegel". Zero Tolerance müsste es auch in Deutschland lauten.

Natürlich sind Kinderschänder nicht unbedingt die schlimmsten Verbrecher, aber sie hinterlassen ein Leben lang traumatische Spuren in der Seele eines Kindes bzw. an den Angehörigen, falls das Kind ermordet wurde. Wer eine alte Oma aus Geldgier tötet, ist für mich auch nicht unbedingt besser oder schlechter als ein Kinderschänder. Bei Kinderschändern kommt aber natürlich noch der sexuelle Aspekt hinzu - die Vorstellung, dass ein erwachsener Mann sich ein Kind nimmt - nur für ein paar Sekunden und Minuten der sexuellen Erfüllung, diese Vorstellung löst bei vielen Menschen verständlicherweise Ekel und Abscheu aus, was nur natürlich ist. Insofern kann man den Mord aus Geldgier nicht mit einem Sexualmord (an einem Kind) zu relativieren versuchen.

Hilfe für Kinderschänder? Ja, durchaus - aber, ich verlange auch Hilfe für die Opfer oder deren Angehörigen. Ferner verlange ich auch längere Haftzeiten und strengere Auflagen bei Entlassungen und keine Freigänge mehr für verurteilte Sexualstraftäter. Wie gesagt, Opferschutz hat Vorrang vor Täterschutz!

Also, um das Thema Todesstrafe nochmals aufzugreifen: Es gibt durchaus Straftaten und Morde, die - für mich - die Anwendung der Todesstrafe rechtfertigen - natürlich muss man hier jeden einzelnen Fall genau betrachten. Ich lehne die Todesstrafe nicht generell ab - und ich sehe sie auch nicht als ein Allheilmittel. Obwohl die USA massenweise Exekutionen durchführen, bleibt Mordrate in den USA immer noch erschreckend hoch. Aber es gibt Straftaten, die so furchtbar sind, dass eine lebenslange Gefängnisstrafe einfach zu milde erscheint.

Für Sexualtäter/Kinderschänder sind gerade lange Haftstrafen oftmals schlimmer, da diese auch im Knast kein lustiges Leben mit ihren Mithäftlingen haben werden. Die Todesstrafe bringt nicht immer den gewünschten Effekt, wie es zuerst den Anschein hat, das weiß ich. Wie gesagt, das Thema ist nicht so einfach, wie es für die meisten Leute erscheinen mag ,und auch ich  möchte es mir damit nicht allzu leicht machen.

Aber stelle dir einmal vor, du hast einen kleinen, süßen Jungen von 7 Jahren - den du geboren, großgezogen, innig geliebt hast, und plötzlich wird dieser Junge brutal sexuell missbraucht, ermordet und in einem Waldstück weggeschmissen wie ein benutztes Taschentuch. Was wären deine Gefühle für den Täter??? Ich habe eine Brieffreundin in der Nähe von Stuttgart - vor einigen Jahren wurde ihr Neffe sexuell missbraucht und zerstückelt (!!) in einem Wald gefunden - den Täter hat die Polizei bis heute noch nicht ausfindig gemacht...

Ich selbst bin Christ, und ich bin natürlich auch für die Vergebung von Schuld und Sünden - aber dennoch fällt es mir schwer, bei einigen Taten Vergebung zu üben. Ich weiß nicht, ob ich es könnte. Würde mein Kind missbraucht und ermordet werden, ich glaube, ich wäre so schnell nicht zur Vergebung bereit, auch wenn ich es als Christ eigentlich sollte.

Liebe Grüsse, Torsten

26. November 2002

Hallo Torsten, ...

Mir fehlt das Insider-Wissen, als dass ich behaupten könnte, ich wüsste genau im einzelnen, wie die Therapie oder Bestrafung von Kinderschändern hier in Deutschland zu beurteilen ist. Dass es genug gibt, was zu verbessern wäre, daran zweifle ich nicht. Ob es vielleicht doch etwas besser aussieht, als das Bild, das du malst und das verständlicherweise von deiner Emotionalität gefärbt ist - ich kann es nicht beurteilen, weil ich nur hier oder da mal Berichte mitbekomme, aber nicht aus erster Hand informiert bin. Dass für Opfer mehr getan werden müsste, das glaube ich allerdings auch ganz entschieden. Deshalb bin ich vor einiger Zeit dem Weißen Ring beigetreten. Zumindest einen finanziellen Beitrag möchte ich auch für die "andere" Seite leisten, wenn mich das Schicksal quasi schon dahin gestellt hat, mich im Fall der Todesstrafe für Täter zu engagieren.

Was du zu den Erklärungsversuchen der Taten von Sexualstraftätern schreibst, kann ich emotional nachvollziehen. Dennoch bin ich da rational anderer Meinung. Die Hintergründe von Straftaten verstehen zu wollen, das hat für mich auch gar nicht allein etwas mit dem Täter zu tun. Mir geht es nicht um Mitleid mit dem Täter - allenfalls um eine angemessene Behandlung bzw. Bestrafung, die dessen Hintergründe berücksichtigen sollte. Mir geht es mit dem Versuch der Erklärung von Hintergründen für Straftaten wesentlich auch darum, dass die Gesellschaft nur dann wirksam präventiv arbeiten und zukünftig schon im Vorfeld soviel wie möglich verhindern kann, wenn sie möglichst viel über Zusammenhänge und Ursachen weiß. Und das kommt dann auch wieder potentiellen Opfern zugute. Ich sehe diesen Punkt eher unemotional - nicht Verständnis und Mitleid mit dem armen Täter schwebt mir vor, sondern das Ziel, dass man die Probleme in den Griff bekommt - und das funktioniert am ehesten, wenn man möglichst viel davon begreift.

Ich weiß nicht, ob wirklich nur eine Minderheit der Kinderschänder psychisch gestört ist. Ich denke eher, dass es die Mehrheit ist. Aber ich meine mit psychisch gestört an dieser Stelle auch nicht ausschließlich so starke Störungen, dass der Täter schuldunfähig ist. Es muss in meinen Augen nicht heißen: Therapie oder Strafe. Das eine schließt das andere m.E. nicht aus - im Gegenteil, in den meisten Fällen gehört wohl beides zusammen.

Natürlich hast du recht, wenn du sagst, dass du ja mit deinen negativen Erfahrungen auch nicht straffällig geworden bist. Ich bin es ja auch nicht, trotz der wenig schönen Kindheit, die ich hatte. Es wird sicher nicht jeder, der eine schlechte Kindheit hatte, zum Verbrecher. Obwohl jeder mit einer schlechten Kindheit m.E. seinen ganz persönlichen Schaden davon trägt - der eine kommt dabei mit dem Gesetz in Konflikt und der andere tut vielleicht "nur" sich selbst Gewalt an. Ich spreche den Verbrecher ja aufgrund seiner schlechten Kindheit nicht einfach von seiner Schuld frei. Mich macht andererseits nur der Gedanke sehr nachdenklich, dass ein bestimmter Täter möglicherweise gar nicht zum Verbrecher geworden wäre, wenn er in seiner Kindheit nicht Opfer, von welcher Form von Gewalt auch immer, gewesen wäre. Dem Rechnung zu tragen, ist für mich - neben anderen - ein Grund zur Ablehnung der Todesstrafe. Die Todesstrafe ist so etwas Endgültiges und Absolutes - ich denke, die Gesellschaft ignoriert ihre eigene Mitverantwortung, wenn sie für einen Verbrecher nur dessen "Entsorgung" vorsieht.

Emotional wiederum kann ich das durchaus verstehen, dass manche Straftaten so furchtbar sind, dass eine auch langjährige oder lebenslange Gefängnisstrafe zu milde erscheint. Nur: Das kann man von der Todesstrafe ebenso sagen, und das haben Angehörige von Opfern, die einer Hinrichtung beigewohnt haben, auch schon häufig so gesagt, weil ihnen der Täter nicht genug gelitten hat. (Abgesehen davon, ist es natürlich individuell sehr verschieden, ob für einen Täter lebenslängliches Gefängnis oder der Tod schlimmer ist.) Was also sollten wir tun? Die Folter und die Vierteilung wieder einführen? Natürlich nicht. Aber hier zeigt sich, dass eine bestimmte Strafform nicht die Antwort auf den verständlichen Hass und die verständliche Wut des Opfers bzw. dessen Angehöriger sein kann. Das funktioniert schlicht nicht oder nur ganz schlecht. Die Bewältigung der Trauer und der Wut auf der Opferseite muss unabhängig - nicht: von keiner, aber - von einer bestimmten Strafform erfolgen.

Herzliche Grüße! Gabi

Aus den letzten beiden Briefen habe ich aus Gründen der Diskretion mehrere sehr persönliche Abschnitte ausgelassen.

19. November 2002

Aus einem Beitrag im Diskussionsforum von www.todesstrafe.de:

Abschließend wollte ich noch das Wort an Gabi richten: Ich habe mich eingehend mit deiner Homepage auseinandergesetzt und sie hat mich sehr bewegt. Ich möchte dich einfach nur wissen lassen, dass ich die Site unwahrscheinlich gut (wenn man das so sagen kann...) finde - sie hat mich sehr bewegt und ich finde es bewundernswert, wie differenziert du dich mit allen Sichtweisen auseinandersetzt, obwohl du emotional von der Sache sehr betroffen bist. Liebe Grüße, Blue

20. November 2002

Hallo Gabi!

Ich habe den Bericht jetzt gefunden, über deine Homepage. Ich bin erschüttert. Dazu möchte ich dir aber sagen, dass ich bis vor einigen Monate FÜR die Todesstrafe war. Nun schreibe ich einem Insassen - und das hat meine Meinung geändert. Das und der Film "The Green Mile". Wie du schreibst, finde ich es unwahrscheinlich hochmütig von Menschen, andere in vollem Bewusstsein hinzurichten. Denn damit werden die Opfer nicht mehr lebendig.

Ich hätte ja nie gedacht, dass ich meine Meinung mal so ändere - und ich bewundere DICH, dass du es psychisch geschafft hast, deinem Brieffreund zur Seite zu stehen. Allerdings finde ich es so grausam, dass der Verurteilte ganz alleine da herumliegt... Ich verstehe schon, dass niemand in seine Nähe darf, denn man könnte ja versuchen, sein Leben zu retten. Aber ich finde es wirklich überheblich, wie man damit umgeht! Und ich HOFFE ganz dringend, dass die Todesstrafe bald überall abgeschafft wird!! Sie ist grausam und unmenschlich! Und bringt kein Opfer zurück...

Ich weiß nicht, ob ich es schaffen würde, bei einer Exekution dabei zu sein (vom finanziellen Aufwand mal völlig abgesehen)... Wahrscheinlich würde ich danach durchdrehen - oder auch schon vorher. Bei dem bloßen Gedanken daran, dass jemand, den ich kenne und mag, auf Befehl getötet wird... mir wird ganz elend...

Viele Grüße, Petra

7. Dezember 2002

Liebe Gabi,

du hast Recht, einen begangenen Mord und das daraus folgende Leid kann eine Hinrichtung nicht mehr ungeschehen machen. Aber was ist mit Prävention und Abschreckung? In Österreich kann ein Mörder nach 10 Jahren guter Führung entlassen werden. 10 Jahre für ein Menschenleben ist ein zu geringer Preis. Leben für Leben ist fair.

Angesprochen auf das persönliche Schicksal und die Lebensgeschichte eines Mörders, hat das Opfer kein Schicksal, keine Lebensgeschichte? Es hat eine - die durch die willkürliche Hand eines (oft feigen) Mörders beendet wurde. Außerdem ist es sehr leicht gegen die Todesstrafe zu sein, aber versetze dich in die Lage einer Mutter, deren Sohn oder Tochter von einem sexuell abartigen Typen missbraucht und dann abgestochen wird. Hast du Kinder? Wie würdest du reagieren, wenn jemand sie ermordet? Ich wäre gespannt, ob du dasselbe Engagement gegen die Todesstrafe zeigen würdest oder ob du nicht viel lieber eine Elterngemeinschaft zum Schutze Kinder und Jugendlicher vor Gewaltverbrechen gründen würdest!!

Eine Regierung hat den Auftrag (von Gott) Ordnung zu schaffen (gem. Bibel). Unsere Regierungen in Europa schaffen eine Ordnung - aber eine ungerechte. Sie stecken Alte in Altersheime, erlauben Schwulen zu heiraten, erlauben unschuldige Kinder zu töten (Abtreibung), Mördern zu morden etc. Sicher kennst du all die Argumente für die Todesstrafe, aber schließlich und endlich kommt es auf den Punkt: Beachten wir Gottes Gebote und Prinzipien zur Führung eines Staates oder pfeifen wir darauf. Soll Gerechtigkeit herrschen oder herrscht Humanismus?

Liebe Grüße aus Österreich, Peter

22. Dezember 2002

Hallo Peter,

ich zäume das Pferd mal von hinten auf: Meine Ablehnung der Todesstrafe gründet sich nicht auf religiösen Motiven. Obwohl ich auch dazu eine Meinung habe, nämlich dass das Christentum, so wie ich es verstehe, eher nicht mit der Todesstrafe in Einklang zu bringen ist. Aber da es sowohl unter den Gegnern wie auch Befürwortern der Todesstrafe welche gibt, die sich gleichermaßen auf die Bibel berufen, ist das für mich persönlich nicht der argumentative Bereich, den ich für maßgebend halte, wenn es darum geht, aus welchen Gründen ich die Todesstrafe ablehne. (Obwohl ich natürlich auch darüber mit dir diskutieren könnte...)

Du fragst nach Prävention und Abschreckung - das sind wichtige Motive, WENN die Todesstrafe das zu leisten imstande wäre. Alle Untersuchungen diesbezüglich lassen einen abschreckenden Effekt der Todesstrafe, der größer sein soll als der einer lebenslangen oder langjährigen Freiheitsstrafe, sehr fragwürdig erscheinen. Staaten mit Todesstrafe haben häufig keine geringeren Kriminalitätsraten zu verzeichnen - beispielsweise lag die Mordrate in den USA 1998 bei 6,3 getöteten Menschen auf 100 000 Einwohner, in Deutschland lag sie ohne Todesstrafe bei 1,1 im vergangenen Jahr. Viele US-Bundesstaaten mit Todesstrafe haben eine höhere Mordrate als die ohne Todesstrafe. Oder Beispiel Kanada: Die Mordrate dort ist nach Abschaffung der Todesstrafe nicht etwa gestiegen, wie man hätte befürchten müssen, wenn sie tatsächlich DEN abschreckenden Effekt hätte, den man sich von ihr erhofft.

Neben einer Fülle von Statistiken, die gegen die höhere abschreckende Wirkung der Todesstrafe sprechen, wird dieses Faktum aber auch durch die Logik gestützt: Wer mordet, denkt häufig gar nicht über die Folgen nach, und wenn er es tut, also eiskalt und berechnend einen Mord plant, dann geht derjenige auch davon aus, dass man ihn nicht erwischt. Es ist nicht so sehr die Höhe der Strafe, die abschreckt, sondern das Risiko, erwischt zu werden. Im übrigen: Sterben müssen wir alle irgendwann - trotzdem leben wir nicht in ständiger Todesangst vor einem fernen Tod. So ist es auch mit einem (potentiellen) Verbrecher. Todesangst hast du, wenn du unmittelbar mit dem Tod bedroht bist, weil grad einer mit der Knarre vor dir steht. Die Möglichkeit einer irgendwann in ferner Zukunft zu vollziehenden Exekution schreckt eher wenig.

Insofern ist die Todesstrafe in meinen Augen auch kein geeignetes Mittel zur Prävention. Sie schreckt andere nicht ab, und den Täter selbst kann man auch mit lebenslangem Gefängnis unschädlich machen. Dass, wie du schreibst, in Österreich Mörder nach 10 Jahren wieder frei kommen können, muss ja nicht zwingend so sein - es wären doch auch andere Strafmaße denkbar, ohne dass es gleich zur Todesstrafe führen muss.

Das wäre so die rationale und logische Schiene. Aus deiner Mail spricht aber auch ein hohes Maß an Emotion, was ich durchaus verständlich finde. Wie ich reagieren würde, wenn einem von mir geliebten Menschen etwas Furchtbares angetan würde? Zweifellos unglaublich wütend, und ich kann nur hoffen, dass ich nicht in irgendeiner Form eine Kurzschlussreaktion begehen würde. Ich glaube aber nicht, dass ich durch den Tod des Täters letztlich meinen Frieden finden könnte. Ich habe zuviele Berichte mitbekommen diesbezüglich und auch eigene Beobachtungen gemacht - das funktioniert im Allgemeinen nicht. So wie du 10 Jahre Gefängnis als einen zu geringen Preis empfindest, empfinden viele Angehörige von Opfern den Tod des Täters ebenfalls als zu geringen Preis. Sollen wir deshalb zu Folter und Vierteilung zurückkehren? Und es gibt deshalb wohl auch auf der Seite der Angehörigen der Opfer einige, die in der Todesstrafe keinen Nutzen sehen, und Initiativen, die sich gegen die Todesstrafe und gleichzeitig für Opfer einsetzen.

Eine Elterngemeinschaft zum Schutz von Kindern und Jugendlichen gegen Gewaltverbrechen zu gründen, wäre zweifellos eine gute Idee - aber ich denke wiederum nicht, dass die Todesstrafe geeignet wäre, diesen Schutz zu gewährleisten. Eine solche Initiative - und nicht nur sie, sondern Politik und Gesellschaft ganz generell - muss zu einer wirksamen Prävention bei den Ursachen ansetzen, und die Ursachen von Kriminaltität liegen in der Regel in sozialen Missständen, Armut, Arbeitslosigkeit, Unterdrückung, Rassismus usw. HIER gilt es anzusetzen! Und ich finde es wichtig, dass es Menschen gibt, die sich hier engagieren und die sich auch für die Belange der Opfer engagieren. Dass mich quasi das Schicksal dahin gebracht hat, mich gegen die Todesstrafe einzusetzen, heißt ja nicht, dass ich das für das einzige oder auch wichtigste Problem auf der Welt hielte. Es muss eben jeder seinen Weg finden, wo er sich zu einem Engagement berufen fühlt.

Natürlich hat das Opfer ein Schicksal und eine Lebensgeschichte, ich bin ja auch nicht der Meinung, man sollte einen Mörder für seine Tat auch noch belohnen. Aber der Tod des Täters macht nichts wieder gut, und am Ende haben nur zwei Familien einen Menschen verloren, aber niemand hat etwas gewonnen. ...

Herzliche Grüße, Gabi

6. April 2003

Hallo Gabi!

Ich bin ein 17-jähriges Mädchen aus der Schweiz und bin eigentlich nur durch Zufall zu deiner Homepage gelangt! Da ich für die Schule einen Vortrag zum Thema "Todesstrafe" finden musste, habe ich ein wenig im Internet gesucht und bin auf deine Seite gekommen, die ich ausführlich gelesen habe! Es beeindruckt mich, dass du diese Homepage über Cliff Boggess gemacht hast, er scheint dir wirklich wichtig zu sein! Ich selber hätte da wahrscheinlich nicht den Mut dazu, einen Insassen zu kontaktieren, einfach aus Angst... weil ich der Meinung bin, dass jemand, der einen anderen Menschen umbringen kann oder kleine Kinder vergewaltigt und umbringt, psychisch krank ist... und ich hätte Angst davor, man weiß bei diesen Menschen nie, was sie wirklich denken und was als nächstes passiert, weil sie es ja oft selber nicht wissen oder steuern können! Aber ich finde es super, dass es Menschen gibt, die genug Mut haben und so was machen! Denn auch diese Leute, die in der Todeszelle sitzen, brauchen Hilfe, denn ich denke, jede dieser von ihnen ausgeführten schrecklichen Taten hat auch Hintergründe, und nicht sie selber sind schuld daran! Naja, ich wollte dir das nur mal mitteilen, dass ich jetzt wahrscheinlich in meinem Vortrag über tolle Menschen wie dich berichten werde, die nicht nur das Böse in den Sträflingen sehen! :-)

Liebe Grüße, Ivana

10. April 2003

Hallo Gabi!

Mich beschäftigt deine Geschichte jetzt schon seit Tagen... vor allem, wenn ich an Cliffs letzten Moment denke... das war bestimmt schwer für dich zuzusehen, wie er "umgebracht" wird! Aber er wird es jetzt bestimmt besser haben! Ich zweifle nicht daran, dass es einem Menschen nach einer solchen Tat Leid tun kann, so wie es Cliff anscheinend auch Leid getan hat, und ich finde es schade wenn jemand behauptet, es wäre nicht möglich! Oft erkennt man den Fehler, aber manchmal leider zu spät! Ich verstehe die Familie der Ermordeten natürlich auch sehr gut, denn ich wäre auch sehr verbittert, wenn mir jemand einen Menschen einfach so wegnimmt! Aber es hat nichts gebracht Cliff zu töten, denn die Toten werden damit nicht wieder lebendig! Und außerdem sind ja die Leute, die ihn getötet haben, somit auch zu Mördern geworden und haben die genau gleiche schreckliche Tat begangen, auch wenn sie sich im Recht fühlen! Aber so ist es nicht! Es wird somit nur immer weiter getötet und der Kreislauf nimmt kein Ende! Das ist schade!

Liebe Grüße, Ivana

8. Juni 2003

Hallo Gabi,

manche Dinge bewegen einen so tief, dass man eigentlich nicht mehr viel dazu sagen kann. - Dazu gehört Ihre Website über Cliff Boggess, und ich möchte Ihnen nur vielen herzlichen Dank dafür sagen. Ich habe sie vor einigen Monaten schon einmal gelesen. Doch als ich sie jetzt wiedergefunden habe, hat sie mich noch viel mehr berührt als damals, da ich inzwischen auch in intensivem Briefkontakt mit einem Gefangenen im texanischen Todestrakt stehe, den ich heute ohne Zögern als den besten Freund bezeichnen würde, den ich je hatte. Ich finde die Bilder von Cliff sehr ausdrucksstark. Cliff ist auch ein Beweis dafür - wenn dafür ein Beweis nötig ist -, dass die Gefangenen im Todestrakt Menschen sind; oft vielleicht sogar Menschen, die das Leben mehr zu lieben und zu schätzen gelernt haben als die meisten. Ich jedenfalls habe von meinem Freund in Texas bereits eine Menge gelernt, vor allem über den Wert von echter Freundschaft und die Kostbarkeit des Lebens... Nur lernen leider die Verantwortlichen die Menschen, über deren Tod sie bestimmen, nicht als Menschen kennen, sondern als Mörder und Nummern in einem gewaltigen System.

Noch mal vielen Dank und liebe Grüße ... ! Melanie

18. Oktober 2003

Hallo Gabi,

dein Engagement in Ehren, dein Heranziehen der Bibel finde ich gut, allerdings verstehe ich nicht, dass du sie gleichzeitig so relativierst, indem du sagst, es haben eben Menschen mit ihrer persönlichen Meinung geschrieben. Wenn das so wäre, würde ich nicht mehr viel darauf geben. Für mich ist sie viel höher zu bewerten als es sich viele vorstellen können, allerdings, wie du ja selbst schreibst, oft nicht wörtlich zu nehmen, ist teilweise eine Geheimsprache, die nur der Wissende versteht. Und die vier Evangelisten sind wie die vier Himmelsrichtungen, sie sehen auf ein Geschehnis aus völlig verschiedenem Blickwinkel. Das Neue hat das Alte Testament abgelöst.

Freundliche Grüße, Thomas

21. Oktober 2003

Hallo Thomas,

danke für deine Mail mit deinem Kommentar! Ich versuche mal, deine Frage zu beantworten. Ich habe meinen Artikel über Bibel und Todesstrafe versucht aus einem möglichst objektiven Blickwinkel zu schreiben. Ich habe in Rechnung gestellt, dass verschiedene Menschen eine ganz unterschiedliche persönliche Einstellung zur Bibel haben können - das habe ich ja auch in dem Abschnitt "Wort Gottes - Vom Umgang mit der Bibel" zu differenzieren und die Konsequenzen aufzuzeigen versucht.

Ich selber finde mich am ehesten in der dort letztgenannten Position wieder. Ich halte die biblischen Schriften zwar ZUNÄCHST für von Menschen verfasst, aber das schließt ja nicht aus, dahinter eine göttliche Absicht zu sehen und sich von den Schriften persönlich ansprechen zu lassen. Ich relativiere die biblischen Schriften keinesfalls bis ins Bodenlose, aber ich halte sie eben auch nicht für komplett vom Himmel gefallen. Ich verabsolutiere sie nicht Satz für Satz, sondern versuche die Zusammenhänge und auch mitunter Zeitgebundenheit zu sehen, aber in diesem Sinne kann man die Bibel durchaus als Wort Gottes verstehen, sodass sie noch lange nicht bedeutungslos wird, nur weil sie von Menschen aufgeschrieben wurde und sich das Wort Gottes demzufolge in menschliche Sprache und Vorstellungen kleidet.

Ich sehe das so als eine Verpackung, in die das Wort Gottes eingehüllt ist. Diese Verpackung der menschlichen Worte und Bilder darf ich nicht verabsolutieren, sondern muss versuchen zum Kern vorzudringen und ggf. die Verpackung hinter mir lassen, wenn ich sie als nicht mehr zeitgemäß erkenne. Das ist so, wie wenn du im Gespräch merkst, dass sich jemand vielleicht ungeschickt ausgedrückt hat, du aber dennoch verstehst, was er meint, gerade weil du ihn nicht auf seine Worte festnagelst, sondern dahinter blicken willst, was der andere dir eigentlich sagen will. Natürlich haben sich die Autoren der biblischen Schriften nicht einfach ungeschickt ausgedrückt, sondern hier ist es vor allem der zeitliche Abstand zu uns heute, der es sinnvoll erscheinen lässt zu fragen, was der Autor denn eigentlich meinte und wie er es unter den heutigen Umständen wohl ausdrücken würde.

Viele Grüße, Gabi

11. Januar 2004

Hallo!

Es ist einfach Wahnsinn, was Menschen sich gegenseitig antun. Ich habe in den letzten Monaten viele Berichte über die Todesstrafe gelesen und festgestellt, dass sich meine Meinung über die Todesstrafe bestärkt hat, und das ist auch Ihnen zu verdanken. Fakt ist, dass es viele Todestraktinsassen gibt, die das bereuen, was sie getan haben. Eine nicht geringe Zahl ist vielleicht sogar unschuldig. Desweiteren wurden viele dieser Straftäter in ihrer Kindheit gezeichnet, sprich: durch Vergewaltigungen in körperlicher und sexueller Hinsicht und durch schlechte Erziehung oder durch Drogenkonsum. Übrig bleibt vielleicht ein kleiner Teil, der vielleicht wirklich in den Todestrakt gehört. Ich weiß es nicht wirklich und ich will mich dazu nicht weiter äußern, weil ich nicht das Recht dazu habe, aber ich finde das, was sie auf dieser Seite zusammengestellt haben, großartig. Vor allem ist diese Seite nicht mit Zahlen vollgepumpt, sondern wirklich menschlich, und das ist doch das Wichtigste. Ich wünschte, es würden viel mehr Menschen Leute wie Cliff kennenlernen, ob nun persönlich oder durch solche Seiten oder Bücher. Danke für diese grandiose Seite.

Bye, Dennis

4. August 2004

Hallo Gabi,

ich habe gerade deine Seite über deine Begegnung mit Cliff gelesen und schreibe dazu nun sehr spontan. Das Thema Todesstrafe hat mich immer sehr erschüttert. Die sachliche (was die Beschreibung der Umstände, Regeln und Bedingungen im Todestrakt angeht) und persönliche Art (wie du deine Begegnung mit Cliff selbst beschreibst), wird der Situation aus meiner Sicht gerecht (kann ich das beurteilen?) und hat mich berührt. Ich bin nicht der Meinung, dass jemand das Recht hat über Leben und Tod eines Menschen zu verfügen, es sei denn, es geschieht aus Notwehr und zur Abwehr einer konkreten Gefährung anderer; und ich meine, ein Staat sollte andere Möglichkeiten haben... Die ritualisierte "Entsorgung" der Täter, wie sie hier geschehen ist und immer wieder geschieht, ist für mich einfach abstoßend und unwürdig. Der Tod der Opfer eines Verbrechens kann durch eine Hinrichtung nicht ungeschehen gemacht werden und wird letztlich auch nicht dadurch gesühnt. Wie du beschreibst, hat Cliff sich zu seiner Schuld bekannt, ist seinem Ende sehr bewusst entgegengegangen. Wer von uns tut das wohl bewusst, wenn auch unter ganz anderen Umständen?? Letztlich sollte das aber wohl jeder, und wenn ihm die Zeit im Gefängnis eine Hilfe war, war es wohl nicht ganz umsonst, was seinen persönlichen Weg angeht. Und es bleibt wohl Aufgabe von Freunden (wie dir ihm gegenüber) ihm zu zeigen, dass er in dieser Situation nicht hoffnungslos allein war. Und das finde ich gut!

Martin

10. August 2004

Zum Thema "Bibel und Todesstrafe" möchte ich ein paar sachdienliche Gedanken beitragen.

Betrachtet man die Bibel als Zitatenschatz, dann neigt man nur dazu, sich Bibelsätze um die Ohren zu schlagen. Dann gibt es ein ewiges Für und Wider Todesstrafe oder andere ethische Streitfragen. Dann bleibt die Bibel doch nur eine Projektionsfläche für die Widersprüche unserer Realität, die wir auch ohne Bibel irgendwie bewältigen müssen. Und die wir dann wohl auch besser ohne solche Rückversicherung zu bewältigen versuchen sollten.

Doch so, meine ich, kommt man dem eigentlichen Beitrag der Bibel zu unserer "Kultur" nicht einmal nahe. Dieser Beitrag könnte darin bestehen, dass die Bibel etwas Eigenes, Besonderes, vielleicht sogar Einzigartiges zu sagen hat. Etwas, das einem nur "einleuchtet", wenn man sich selbst als Angeredeter entdeckt. Zitieren wir also etwa den Satz: "Du sollst nicht töten!", dann müssten wir zunächst erkennen: WER redet hier zu WEM? Ein unverwechselbares ICH sagt DU zu seinem erwählten Volk (Ex. 20, 2ff). Diese Stimme lässt sich nicht aus natürlicher Beobachtung und historischer Erfahrung ableiten. Hier spricht derjenige GOTT zu seinen Menschen, der Israel sein Wesen völlig unerwartet in der BEFREIUNG AUS DER SKLAVEREI gezeigt hat. Diese Befreiungsgeschichte Gottes mit dem Volk Israel wurde und wird nur weitererzählt, weil sie die ganze Menschheit angeht. Wir sollen eben darum nicht töten, weil Gott selbst dem Tod, der Sklaverei, dem gnadenlosen Unrecht, der ewigen Herrschaft, der grausamen Ausbeutung schon widersprochen hat. DARUM sollen auch wir das Leben achten, schützen, lieben wie Gott selbst! Aus demselben Grund soll der, der unrechtmäßig Menschenblut vergießt, dafür mit seinem Leben haften. Nur er! Aber er ganz bestimmt! Das ist der Grundgedanke des RECHTS, das Gott für alle Menschen in Kraft setzt. DU sollst nicht morden: Tust Du es dennoch, dann gehört Dein Leben mir so wie das Deines Opfers. Darum wurde Kains Leben verschont: Gott schützt den Mörder vor der gottlosen Selbstjustiz und Ausrottung. So bewahrt Gott unser Menschsein gegen uns selber. Er macht uns bleibend für unsere Nächsten mitverantwortlich. DU SOLLST – DU SOLLST NICHT...: Ohne solche kategorischen Grund-Sätze, Ge- und Verbote, gäbe es kein Recht auf der Erde, herrschten Mord und Totschlag grenzenlos. Daraus kann nur der gemeinsame Untergang folgen. So drückt es die Sintflutgeschichte aus. Dem setzt Gott selbst eine Grenze, die niemand ignorieren kann, ohne allen zu schaden. Denn DU... redet das Volk als Kollektiv und darin jeden Einzelnen an. So werden wir alle als Täter identifiziert, nicht als Opfer. Wir sind die aktuellen und potentiellen Mörder. Ohne solches Gegenüber, das scheint mir gewiss, wären wir alle nicht wir, wären wir keine Subjekte, keine Personen. Und ohne Personsein gibt es keine "Verantwortung". Und ohne soziale Verantwortung für das Leben aller könnten wir gar nicht über ethische Probleme wie z.B. Todesstrafe diskutieren. Wir sind verantwortlich, wenn in unserer Gesellschaft gemordet wird - auf vielfältigste Art. Wir haben nur eine Zukunft, wenn wir sie uns immer neu schenken lassen. Wir dürfen Menschen sein, wir müssen nicht Unmenschen werden! Das sattsam bekannte antijüdische Klischee vom Doppelgesicht Gottes – dort im AT der rächende, hier im NT der verzeihende Gott – verbaut uns den Weg zur Erkenntnis. Denn AT und NT widersprechen einander im Kern nicht. In beiden Teilen der Bibel redet derselbe Gott! Dieser nimmt sich schon im AT das Recht zur GNADE. Und er setzt gerade so gegen uns gnadenlose Menschen seine GERECHTIGKEIT durch. Israels Geschichte ist und bleibt exemplarisch für die Welt. Sie ist nicht beendet, sondern zukunftsoffen: gerade auch weil der Mensch Jesus da war. Nicht nur, was er sagte und tat, ist das Neue am NT: sondern viel mehr noch das, was ihm geschah und was uns in ihm geschieht. Durch alle Schichten der NT-Überlieferung hält sich durch, was schon die ältesten urchristlichen Glaubenssätze sagen: "Gott hat seinen Sohn für uns dahingegeben..." Dahin gegeben: nämlich in genau den Tod, den genau genommen jeder von uns verdient. "Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll vergossen werden...": UNSERES! Denn wir sind längst alle in die Mordgeschichte von ewigem Töten und Kriegen und Streiten und Verfluchen und Hassen verstrickt. Unheilbar. Unüberwindbar aus eigener Kraft. Und genau in diese entsetzliche Realität hinein sagt das NT: Gott selbst hat das Todesurteil, das uns allen zukam und zukommt, auf sich genommen. Er hat die endgültige Vernichtung, den Ausschluss aus der Gemeinschaft, die tödliche Exekution an unserer Stelle erlitten, ertragen – und damit endgültig überwunden! Denn nun ist der Richter selbst zum Gerichteten geworden – und hat so das vernichtende Richten selbst gerichtet! Denn diesen Jesus hat derselbe Gott aus dem endgültigen Tod in das endgültige Leben erweckt – und so hat er unserem Tod eine Zukunft gegeben. Er wird die Weltgeschichte zu Ende bringen, indem er die Schöpfung ganz und gar verwandelt und den Tod vernichtet. Das meint die mythologische Rede von der Auferstehung der Toten. Dieses Ende hat Gott in Jesus Christus schon vorweg genommen und so endgültig bekräftigt. Damit öffnet die scheinbar vieldeutige Bibel uns allen eine unüberholbare Zukunft: Gott sagt eindeutig JA zum LEBEN ALLER GESCHÖPFE! So kann unser tödliches Verurteilen und Zum-Tod-verurteilt-sein uns nie mehr von Gott trennen!

Das ist nach meinem Verständnis der rote Faden der Bibel und der harte Kern ihrer Botschaft – denn hier verkündet das NT nur, was das AT schon anbahnt. Darum wundert es mich, dass in der ganzen Debatte bisher kaum bemerkt und bedacht wurde: Die Bibel nimmt insgesamt sehr klar und eindeutig zur Todesstrafe Stellung. Diese war immer Gottes Recht, und Gott hat sein Recht wahrgenommen. Und zwar so, dass er uns alle aus der Vernichtung befreit hat. Nicht bloß mit ein paar Sätzen aus Jesu Bergrede und Passion, die man so oder anders auffassen kann. Sondern mit seinem eigenen Leben, seinem Abbild, dem wahren Menschen, dem "Sohn" Gottes selber.Wenn das kein gutes, schlagendes, unwiderlegbares Argument gegen die Anmaßung ist, dass Menschen weiterhin meinen, einander mit dem Tod richten zu dürfen!!! Wir können nicht leichtfertig auf eine solche genuin THEO–logische Argumentation verzichten. Das weiß im Grunde auch jeder, der für das Lebensrecht von grausamen Verbrechern kämpft, die nach menschlichen Maßstäben den Tod allemal verdient hätten. Wobei wir uns dann selber in Mithaftung nehmen. Nehmen wir also alle Fundamentalisten, Biblizisten, Moralisten, Juristen, Gotteskrieger beim WORT und fragen wir sie: Bist DU etwa der Richter über Leben und Tod?

Ich bin also dafür, dass wir uns von den ganzen Nebengleisen und Ablenkungsmanövern auf das konzentrieren, was unser Menschsein ausmacht. Jeder lebt von irgendwelchen Glaubenssätzen, und genau die gilt es im Gegenüber zu Gottes Geschichte mit uns zu erkennen: Dann kommen wir im Kampf für die Abschaffung der Todesstrafe und auch des Krieges (der ja nur eine andere Form des tödlichen Richtens ist) einen Schritt weiter.

In diesem Sinne allen gläubigen und ungläubigen Rechthabern ein fröhliches Shalom! G.S.

15. August 2004

Hallo Herr S.!

Vielen Dank für Ihre ausführlichen Gedanken zum Thema "Bibel und Todesstrafe"! Ich habe in meiner Website bewusst einen anderen Ansatz verfolgt, nämlich einen eher neutral-wissenschaftlichen, während Sie einen stärker theologischen Akzent setzen, den ich aber durchaus bejahen kann. Er setzt aber eben eine grundsätzliche Akzeptanz der Existenz Gottes und des Christentums voraus und ist für einen Atheisten nicht nachvollziehbar, oder besser: nicht brauchbar - ich stelle das lediglich fest, verbinde keine Wertung damit.

Mir ist auch durchaus die theologische Sichtweise bekannt, die respektiert, dass die Todesstrafe im AT nicht nur für Mord, sondern auch für - aus unserer Sicht - minder schwere Vergehen vorgesehen ist. Und die sagt, ja, tatsächlich hätten wir auch heute noch für diese Taten den Tod verdient, WENN NICHT Jesus eben diesen Tod auf sich genommen und an unserer Stelle gebüßt hätte! Der Tod Jesu als Antwort auf die im AT geforderte Todesstrafe, die an ihm als dem Sohn Gottes stellvertretend für uns vollzogen wurde und sie somit für uns überflüssig macht - dieser theologische Ansatz ist in meinen Augen durchaus schlüssig und nachvollziehbar.

Viele Grüße! Gabi Uhl

16. August 2004

Liebe Gabi Uhl ...

Sie stellen den Lesern Bibelstellen zur Verfügung und geben ihnen auch Hinweise, wie man damit umgehen kann. So kann sich jeder ein eigenes Bild machen. Allerdings fehlt mir zu Ihren Bibelstellen nicht nur der theologische, auch der historische Kontext. Wieso musste eigentlich damals "ein Leben für ein Leben" gegeben werden, um das erwählte Volk zu schützen und "das Böse aus seiner Mitte" zu schaffen? Erst wer das versteht, kann beurteilen, ob und warum ein 3000 Jahre altes Sühnedenken heute nicht mehr "zeitgemäß" ist.

Man kann und muss, glaube ich, Biblizisten und christlichen Fundis (z.B. Glenn Foster auf http://christus-web.de/indextodesstrafe.htm, 2. Kommentar) auch ganz konkret nachweisen, dass Gott selbst die Todesstrafe wirklich vollzogen und damit abgeschafft hat. Das ist im NT geradezu das Zentralthema, wenn man Jesu Passionsgeschichte vor Augen hat: Gott hat sein Leben für unseres gegeben, sein Blut vergossen für alle Mörder, damit wir leben dürfen.

Das ist schwer zu begreifen. Der Stellvertretungsgedanke lässt sich vielleicht nicht ohne die Sühne- und Opfervorstellung aussagen: Dann assoziieren wir oft ein sadistisches Gottesbild. Aber Gnade für den Rechtsbrecher wurde eben durch den Tod des Richters geschaffen. Geht man daran vorbei, dann stehen unsere Argumente gegen die Todesstrafe in der Bibel auf schwachen Füßen. Dann bleibt es beim vordergründigen Schlagabtausch stehen: euch das AT-Gesetz, uns die Bergpredigt.

Sie sagen ja zuletzt auch nur: Heute hat die Gesellschaft bessere Möglichkeiten, mit Schwerverbrechern umzugehen. WARUM ist der Verzicht auf Todesstrafe denn heute der bessere Weg? Das ist doch der Knackpunkt. Ich habe keine fertigen Antworten, nur eine Ahnung. Bleiben wir im Dialog, dann kriegen wir vielleicht gemeinsam manches klarer!

Mit freundlichem Gruß, G.S.

16. August 2004

Liebe Gabi Uhl,

ich sende noch mal eine korrigierte Version von "Gedanken zum Thema, III". Ich habe sie durch eine Art Thesenreihe ergänzt. Eigentlich wäre so etwas wie eine exegetisch-systematische Abhandlung nötig, doch das überfordert mich. Bitte stellen Sie jedenfalls, wenn Sie das möchten, diese Version ins Internet.

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Sie schreiben: "Im Gegensatz zum AT gibt es im Neuen Testament keinerlei Aussagen, die sich eindeutig und konkret auf die Todesstrafe beziehen lassen."

Das stimmt, glaube ich, so nicht. Jesus nimmt in seiner Thoraauslegung auch auf AT-Sätze Bezug, die die Todesstrafe fordern: z.B. im Streitgespräch mit Pharisäern aus Jerusalem: Markus 7, 1- 23. Dort geht es zunächst um die Reinheitsgebote. Die Pharisäer werfen Jesus vor, dass er seine Jünger nicht zum Händewaschen anhält und damit die Thora missachtet. Ein Gebot, sich die Hände vor jeder Mahlzeit zu waschen, finde ich so im AT nicht. Es ergab sich aber aus den vielen Reinheitsvorschriften, die z.B. in 3. Mose 11-15 gesammelt sind. Dort wird verlangt, dass jemand sich gründlich wäscht, der etwas Unreines berührt hat – etwa einen am Aussatz Erkrankten, ein als unrein geltendes Tier, Insekten, die am Boden kriechen (z.B. 3. Mose 15, 7ff).

Das war gerade bei Jesu Jüngern, die als Wanderbettler umherzogen, Kranke heilten, Ähren vom Feld sammelten und unterwegs im Freien aßen, unvermeidbar. Doch das Waschen war praktisch nicht immer möglich: Wasser war knapp, und der Hunger war oft sehr groß. Offenbar sah Jesus dann darüber weg, wenn das Hände-Waschen unterblieb. Das bemerkten seine schriftkundigen Gegner. Ihnen ging es nicht nur um Hygiene, sondern darum, dass keine Sünde an einem haften bleibt. Das war lebenswichtig für das ganze Volk. Denn die Unreinheit konnte sich leicht auf andere übertragen und betraf dann alle (3. Mose 15, 31). Darum legten gerade die Juden, die den Tempelkult beaufsichtigten, großen Wert auf peinlich genaue Einhaltung der Reinheitsgebote im Alltag.

Zu den Reinigungsritualen, die jeder Jude beachten musste, gehörte das Opfern von Tieren, ersatzweise auch Geld, im Tempel. Das Schuldopfer reinigte den Opfernden realsymbolisch von seiner Sünde. Die Beurteilung, wer rein und wer unrein war, oblag den Tempelpriestern. Diese lebten von den Opfergaben. Die Thora berechtigte sie dazu. Sie hatten also auch materiell großes Interesse, das Einhalten der Gebote und damit ihre Macht im Volk zu gewährleisten. Diesen Zusammenhang zeigt z.B. 3. Mose 14, 1-32. Die meisten Juden waren damals sehr arm. Wer kaum etwas besaß, konnte sich nur mit Mühe Opfergaben leisten. Darum erlaubten die Priester armen Familien, für ihre Kinder mit zu opfern. Diese wurden nicht verpflichtet, es den Eltern später zurückzuzahlen. Damit waren sie von der Opferpflicht entbunden. Das hatte zur Folge, dass sie daraus einen Anspruch an ihre Eltern machten. Andererseits kümmerten sie sich oft nicht genügend um die Eltern, wenn diese krank wurden und Versorgung brauchten.

Hier erhebt Jesus seinen Gegenvorwurf: Diese Pharisäer heucheln. Sie stellen Reinheitsvorschriften als Willen Gottes dar, obwohl es nur "Menschensatzungen" sind. Dafür missachten sie viel wichtigere Gebote, die Gott wirklich verfügt hat: nämlich: "Ehre Vater und Mutter!" (Exodus 20, 12). Das bedeutet im Umkehrschluss: "Wer seine Eltern verflucht, soll des Todes sterben." (Exodus 21, 17). Hier wird die Todesstrafe gefordert: sogar an Kindern, die sich nur verbal an ihren Eltern vergehen.

Jesus meint nun nicht: Ihr müsstet Kinder, die ihre Eltern verfluchen, konsequent hinrichten. Er weist nur darauf hin, dass die Pharisäer ja auch, so wie er selber, angesichts der Not Thoragebote relativieren. Sie heucheln also, wenn sie mit zweierlei Maß messen und bei anderen einklagen, was sie selbst nicht erfüllen. Denn sie erlauben Kindern, sich die Opfergabe im Tempel von ihren Eltern bezahlen zu lassen. Diese müssen also für das Opfer und damit das Heil ihrer Kinder aufkommen. Insofern missachten die Pharisäer das Gebot, dass wir die Eltern ehren sollen. Sie selber wären also des Todes würdig!

Mit der abschließenden Erklärung betont Jesus: Äußere Berührung mit etwas Unreinem kann einen Menschen nicht vom Heil trennen. Aber die bösen Gedanken, die von innen kommen – z.B. die jener Pharisäer, die Jesu Jünger als Gesetzesbrecher verfolgten und so mit dem Ausschluss aus Gottes Volk bedrohten – machen unrein. Sie bedrohen Gottes Volk wirklich.

Denselben Umgang mit der Thora zeigt Jesus z.B. auch in den "Antithesen" der Bergrede. Er verschärft dort z.B. das Gebot: "Morde nicht", indem er schon das hasserfüllte Beschimpfen eines Anderen als todeswürdig bezeichnet. Wer jemand "gottloser Narr" nennt, schließt ihn schon aus Gottes erwähltem Volk aus. Dem droht dasselbe im Endgericht (Matthäus 5, 21ff). Jesus nimmt hier indirekt, aber deutlich auf die Todesstrafe für Mord Bezug. Er stellt fest: Sie müsste eigentlich schon jedem gelten, der seinen Hass auf Andere nicht überwindet. Auch damit wollte er kein neues, verschärftes Recht einführen. Sondern er konfrontiert die, die andere verurteilen – auch die, die offiziell diese Aufgabe hatten – mit Gottes Willen: Er führt Gebote auf Gottes Absicht mit allen Menschen zurück und erneuert so ihren Sinn.

Dabei folgt er keinem einheitlichen Prinzip: Manche Gebote verschärft er, andere erklärt er für ungültig, andere relativiert er mit übergeordneten Geboten. Der Maßstab, dem er dabei folgt, ist unübersehbar. Die Liebe zu Gott und zum Nächsten, das sind die gleichrangigen Zentralgebote. Die Nächstenliebe ist ein Zentralgebot der Thora, das das Vergeltungsrecht dort bereits einschränkt: Dazu gehört unbedingt das Loslassen von Zorn und Hass auf Andere, also das Überwinden von Mordursachen und die Versöhnung mit Angehörigen von Mordopfern (3. Mose 19, 18)! Das bestimmt auch Jesu Auslegung des Dekalogs. Darum rangiert die Versöhnung mit dem Streitgegner vor dem Opfer im Tempel (1. Gebot), darum soll man Gottes Namen heiligen (2. Gebot), indem man auf jeden Eid verzichtet, darum soll man den Ruhetag achten (3. Gebot), indem man auch am Sabbat Leben rettet, darum soll man auch Feinde segnen, um das Mordverbot zu erfüllen (5. Gebot), darum ist die Ehescheidung bereits Ehebruch (7. Gebot), darum muss der Großgrundbesitzer all seinen Besitz den verschuldeten Armen schenken (10. Gebot), um Gottes Heil zu erlangen.

Damit hat Jesus kein neues "Gottesbild" verkündet, das den liebenden gegen den rächenden Gott stellt. Dass Gott oft Gnade vor Recht ergehen lässt, war nicht Jesu Erfindung. Er gab Gottes Gerechtigkeit nicht auf, im Gegenteil. Dass Gott selber sein Reich durchsetzen wird und damit heute schon beginnt, ist Jesu Botschaft. So erinnerte er mit den Seligpreisungen alle Juden und Nachfolger an Gottes Eintreten für die Sklaven, Schwachen, Unrecht Leidenden. Auf diese Art erfüllte er gerade das ganze AT-Gesetz.

Darum waren Jesu Feinde nicht "die" Pharisäer. Im Gegenteil, es gab schon vor Jesus Thoralehrer (Rabbiner), die wie er das Doppelgebot der Liebe zu Gott und zum Nächsten hoch hielten (Markus 12, 28-34). Jesus nahm als Reformjude am damaligen Streit um die richtige Bibelauslegung teil. Es geht ihm immer darum, uns auf uns selbst zu stoßen: Glaubst Du Gott wirklich? Worin besteht dessen Wille für Dich? Was ist der Sinn eines Gebots für Dich? So deckt er auf, wie oft gerade unsere "Gesetzestreue" von unmenschlichen Vorurteilen bestimmt wird. Das schlagende Beispiel ist die geforderte Steinigung einer Ehebrecherin: Tatsächlich sollten die Ankläger laut Thora die ersten Steine werfen. Jesus hält sich daran und entkräftet so die böse Absicht der Strafverfolger. Die nach geltendem Recht den Tod verdient, wird zum Spiegel für die, die sie verurteilen.

Dann können wir Jesus nur folgen, wenn wir biblizistische Befürworter der Todesstrafe immer neu fragen: Wollen wir nicht endlich gemeinsam dafür sorgen, dass niemand mehr aus Gottes Liebe herausfallen kann? Sind wir sonst nicht genauso selbstgerecht wie jene, die Gottes Gnade ablehnten und damit Jesu Tod herbeiführten? Müssen wir nicht das Leben der Mordopfer schützen, indem wir Mördern zumuten, ihr Leben für Andere zu geben und ihre lebenslange Gefangenschaft für soziale Aufgaben zu nutzen?

Darum müssen wir das staatlich erlaubte und gedeckte Morden kompromisslos bekämpfen! Und das ist keine beliebige Meinung, der man als Christ zustimmen kann oder auch nicht. Das ist – glaube ich! – der Grundtenor beider Testamente und das Ziel, das Gott für uns in Jesus Christus schon erreicht hat. Dem gegenüber kann man nicht "neutral" sein und bleiben.

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1. Unser Schöpfungsauftrag lautet: "Du sollst die Erde bewahren und bebauen", also das Leben aller Mitgeschöpfe schützen und Lebensbedingungen schaffen, die dem gerecht werden (Arche-Noah-Prinzip).

2. Darum bleibt der Brudermörder unser Bruder, ein Mensch. Er wird vor der menschlichen Rache geschützt, gerade auch durch seine Verbannung. Gott schließt ihn nicht auf ewig vom Heil aus.

3. Das AT fordert die Todesstrafe für erwiesenen Mord. Die Begründung dafür lautet: Das Blut des Opfers "schreit" zu Gott von der Erde. Den Schöpfer allen Lebens lässt nichts kalt, was seinen Geschöpfen geschieht. Das Opfer kann nicht mehr schreien, aber sein Blut ruft Gottes Gerechtigkeit herbei.

4. Gott fordert "ein Leben für ein Leben": für Mord also den Tod des Mörders. Damit wurde die schrankenlose Blutrache durch ein grundlegendes Rechtsprinzip abgelöst: Jede Person ist selbst für ihre Taten verantwortlich, nicht ihre Angehörigen. Nur der Täter selbst kann und muss zur Rechenschaft gezogen werden.

5. Und das muss in einem sozial überprüfbaren Verfahren geschehen: Mindestens zwei Augenzeugen müssen unabhängig voneinander dasselbe gesehen haben.

6. Wird ein Mörder nicht gefunden oder überführt, muss das Prinzip "Leben für Leben" dennoch gewahrt bleiben: Ein Tieropfer, der "Sündenbock", trägt realsymbolisch die ungesühnte Bosheit aus Gottes Volk hinaus.

7. Liest man dann den ältesten Passionsbericht bei Markus auf diesem Hintergrund, so stößt man fortlaufend auf Aussagen, die sich auf die Todesstrafe im AT beziehen: z.B. "Das ist mein Leib, zerbrochen, und mein Blut, vergossen zur Vergebung der Sünde für die Vielzahl".

8. Jesus gibt sein eigenes Leben vorweg zur Befreiung aller Menschen (aktiv), er wird zum "Sündenbock" für sie alle gemacht (passiv). Damit erfüllt Gott selbst sein Vergeltungsgebot Genesis 9, 6: "Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll durch Menschen vergossen werden."

9. Er erfüllt es, indem Jesus unsere Schuld übernimmt: die Person aller Sünder, die Gottes Willen nicht erfüllen, mit ihrem Hass zu Mördern werden und darum Gottes Zorngericht verdienen. Jesus erleidet dieses Gericht am Kreuz: Das sagt symbolisch die Gerichtsfinsternis.

10. Mit Jesu Auferweckung hat Gott Jesu Tod für uns Mörder, Verräter, Lügner, Diebe angenommen und uns endgültig aus dem Gericht errettet.

11. Damit hat Gott selbst Jesu Thoraauslegung als seinen endgültigen Willen bestätigt. ER hat die Todesstrafe für Mord an allen Mördern vollzogen: Nun ist es eindeutig gegen seinen Willen, wenn wir sie fortsetzen! Sonst wäre Jesus umsonst gestorben. Dann würden wir Gott selbst verleugnen.

12. Der Mörder soll weiterhin sein Leben für das des Opfers geben: indem er direkt oder indirekt etwas für die Hinterbliebenen tut und vom Staat dazu verpflichtet und angeleitet wird.

Fazit: Wir können nur Christen, ja nur Menschen sein und bleiben, indem wir für die Abschaffung der Todesstrafe weltweit eintreten. Damit ist das Eintreten für Opferschutz und Resozialisierung untrennbar verbunden.

G.S.

2. September 2004

Liebe Gabi Uhl, das Thema Todesstrafe lässt mich nicht los. Ihre Webseite hat mich dazu angestiftet!

Ich denke, man kann die biblizistische Argumentation für die Todesstrafe mit guten biblischen Gründen entkräften. Wenn Sie möchten, sende ich Ihnen meine Erwiderung an Glenn Foster zu.

Ob mit oder ohne Bibel, wir müssen Vergebung lernen... Clifford Boggess hat wohl sehr darunter gelitten, was er getan hat. Er hat die Opferangehörigen ja ganz stark um Vergebung gebeten. Aber wie aus dem Briefwechsel mit der Enkelin eines der Ermordeten hervorgeht, hat das nicht funktioniert. Ob er wohl nochmal auf den zweiten Brief der Enkelin geantwortet hat? Oder war es dann zu spät?

Ich kann nachvollziehen, dass die Familie sein "Predigen" unpassend fand und sich dadurch provoziert fühlte, dass ausgerechnet er ihnen Therapie anbot. Auch dass er sich auf seinen Tod gefreut hat, hat bei ihnen das Loslassen der Wut auf ihn eher verhindert. Aber wie um Gottes willen sollte er denn zeigen, dass er ein anderer Mensch geworden ist?!?

Es ist einfach schlimm, dass die Gesellschaft kein Anderswerden erlaubt und alles tut, um Verbrecher auf ihre schlimmen Taten festzunageln. Vergebung kann nur von den Opfern ausgehen, der Täter kann das nicht erwarten und noch weniger fordern. Aber beide müssen unabhängig voneinander den Schmerz über das Geschehene verarbeiten. Wie können wir dabei helfen?

Der Staat könnte dabei helfen, indem er auf die Todesstrafe verzichtet. Dann ist wenigstens offiziell klar, dass Rache nichts bringt. Vielleicht müsste auch eine Therapie für Täter obligatorisch werden, damit sie sich mit ihrer Tat auseinandersetzen. Wenn die Opfer sehen, dass wirklich etwas in dieser Richtung geschieht, wären sie vielleicht eher bereit, eine Veränderung des Täters zu sehen und zuzulassen.

Wie schwer es nach einem furchtbaren Verbrechen ist, nicht in Hass zu verfallen, merke ich gerade wieder an vielen Reaktionen auf den Fall der kleinen Levke Straßheim. Die Eltern selbst zeigen sehr viel Mut und sogar Dankbarkeit für alles, was sie mit dem Kind erleben durften. Man kann den Schmerz und das Entsetzen nur ahnen, was sie durchmachen.

Mit freundlichem Gruß, Ihr G.S.

18. Oktober 2004

Hallo Frau Uhl ...

Hier nochmal Gedanken zu Ihren Bibelstellen. Ich hoffe, ich komme nicht oberlehrerhaft rüber, bin selber ja am Suchen und nicht so sicher wie es klingt. Besonders die Auslegung des Römerbriefs fehlt noch, die ist wahrscheinlich der Knackpunkt, um den Biblizisten die Waffe des biblischen Gesetzes aus der Hand zu schlagen.

Karl Barth vertritt natürlich eine reformatorische und offenbarungstheologische Linie, die aber, wie mir scheint, für das Thema Todessstrafe und Bibel sehr wichtig ist: Sie könnte eine Brücke schlagen zwischen Fundamentalismus und Liberalismus und beider Anliegen integrieren, ohne den eigenen klaren Standpunkt zu verleugnen. Das geht natürlich nur auf der Basis "Gott hat gesprochen": Sonst bleiben eben nur die allgemeinen Menschenrechte als Begründung für das Nein zur Todesstrafe. Und die sind leider eben bisher nur "allgemein", aber noch nicht "allgemeingültig". Sie greifen nicht den Hass an, der andere zum Tod verurteilt: Da komme ich nur mit einem echten Gegenüber gegen an!

Ich hatte neulich einen Disput mit einer Amerikanerin über die Todesstrafe und merkte mal wieder, wieviel Unwissenheit sich da mit Gleichgültigkeit und Unwilligkeit zum Dazulernen paart. Das ist manchmal zum Verzweifeln. Auch meine E-Mail-Korrespondenz mit den Texanern hat in eine Sackgasse geführt. Immer dasselbe: fehlende "innere Bereitschaft", wie Sie es nannten! Ich bin eigentlich Musiker und lebe von der Fähigkeit zum Zuhören. Daher habe ich für fruchtlose Debatten immer nur sehr begrenzt Geduld.

Herzliche Grüße, G.S.

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Liebe Gabi Uhl,

ich finde Ihre Bibel-Seite gut, weil Sie es den Lesern ermöglichen, sich selbst ein Bild zu machen, was die Bibel zur Todesstrafe sagt. Sie geben aber auch durch Ihre sehr ausgewogenen Vorbemerkungen eine Hilfestellung, wie man mit Bibeltexten umgehen kann. Und Sie zeigen: In beiden Testamenten stehen Texte, die für, aber auch Texte, die gegen die Todesstrafe sprechen. Schon im AT wird die geforderte Todesstrafe in Frage gestellt. Das widerspricht dem Klischee, der Gott des AT sei nur auf Rache aus, das NT dagegen lehre nur Gottes Vergebung.

Trotzdem habe ich ein Problem mit dem Schema von "Pro" und "Contra". Denn diese vorgefertigte "Brille" suggeriert, als ob es zwei Götter in der Bibel gibt, einen für, einen gegen die Todesstrafe. Das kann die Tendenz verstärken, dass sich ja doch nur jeder das aussucht, was ihm passt. Mit Biblizisten komme ich so weniger gut klar. Denn diese sehen die Bibel als Ganzes. Sie gehen oft vom Alten Testament her auf das Neue zu und finden dann darin nur noch Bestätigung für ihre Argumentation (siehe Glenn Foster). Das "Contra" wird sozusagen vom "Pro" verschluckt, oder besser gesagt: Das "Gesetz" (die klaren Gebote, die die Todesstrafe fordern) setzt sich gegen den "Geist" (die innere Einstellung, die aber den Wortlaut der Gesetze nicht verändert) durch. Es fällt nicht leicht, damit umzugehen. Aber unwidersprochen darf es nicht bleiben.

Weil "death belt" und "bible belt" sich in den USA fast decken, kommt man um exegetische Auseinandersetzung nicht herum. Sie sagen mit Recht: Biblizisten reißen Bibelstellen oft aus ihrem Kontext und unterschlagen, dass das AT die Todesstrafe auch für viele andere Vergehen außer Mord fordert. Das bloße Auflisten von Stellen, die eine Todesstrafe erwähnen, kommt diesem Trend aber entgegen. Sie reißen diese Stellen so ja auch aus dem Kontext. Dabei stehen "Pro"- und "Contra"-Texte oft direkt nebeneinander und bilden einen inneren Zusammenhang, dem man nachgehen muss, um die Aussageabsicht zu erkennen.

Dafür einige Beispiele: Genesis 9, 6 folgt auf Genesis 8, 22. In diesem Kontext wird der Sinn des Gebots viel klarer. Gott bewahrt alles Leben durch die Rhythmen der Natur. Er selbst erfüllt den Schöpfungsauftrag des Menschen, den dieser verraten hat. Daraufhin macht er den Menschen erneut für seinen Mitmenschen verantwortlich, damit keiner (wie in Gen. 4) zum Mörder wird. Falls doch, wird Gott dafür sorgen, dass ihn die gerechte Strafe ereilt: damit Recht dem Morden eine Grenze setzt und die Sintflut nie wieder über uns kommt. Nur der Mörder soll (wird) getötet werden, um alles Leben zu bewahren. Daher das Vergeltungsgebot für Mord. Dieses ist aber eben kein Naturgesetz, sondern Teil der menschlichen Verantwortung für alles Leben. Dann entspricht es der Sinnrichtung des Textes zu überlegen, ob Verzicht auf die Todesstrafe dieser Verantwortung heute nicht eher gerecht wird.

Auch beim 5. Gebot wird erst im Kontext klar, dass "Morde nicht!" auf die Zukunft ganz Israels und der Völker bezogen ist. Der Gott, der sich Israel im Exodus vorstellt, will alle Sklaven befreien und alle Menschen vor Mord und Gewalt schützen: "Du wirst nicht morden!" Die Todesstrafe tut das nicht, sie wird eines Tages überholt sein. Ex. 21, 22-24 (mitsamt den Parallelen in Num. und Dtn.) fordert keine Todesstrafe. Der Text gehört sogar eher zu Contra als zu Pro. Denn wo die Regel "Leben für Leben" auftaucht, geht es nicht um Mord, sondern um Körperverletzung mit Todesfolge. Der Täter soll einen angemessenen Schadensersatz leisten, den ein Gerichtsverfahren ihm auferlegt. Das Opfer darf nicht mehr verlangen, als ihm zusteht. Dass "Auge für Auge" nicht "zurückschlagen" meint, zeigt der Kontext mit v. 26-27 (den Sie weglassen): "Wer seinem Sklaven ein Auge oder einen Zahn ausschlägt, muss ihn dafür freilassen." Das gleicht den lebenslangen Schaden des Opfers verhältnismäßig aus. Demgemäß soll ein Totschläger sein Leben als Ersatz für das getötete Opfer geben. – Das spricht gegen die Todesstrafe: Diese nimmt dem Täter das Leben, das er doch lebenslang für die Opferangehörigen einsetzen soll.

Insgesamt zeigen die Gebote eine klare Tendenz zur Durchsetzung von Rechtssicherheit: Mord wird immer genauer als Töten aus böser Absicht, geplant oder im Affekt, definiert und von Totschlag und fahrlässiger Tötung abgegrenzt. Diese Abgrenzung muss durch ein öffentliches und überprüfbares Verfahren festgestellt werden. Die Zeugenregel schließt Indizienprozesse aus. Danach müssten die meisten zum Tod Verurteilte sofort aus heutigen Staatsgefängnissen entlassen werden! Zu Contra gehört entscheidend das Gebot der Nächstenliebe: Dort wird ja schon das Austragen und Lösen von Streit, das Loslassen von Zorn und Hass, das Versöhnen mit dem Mitmenschen, also das Überwinden von Mordursachen verlangt.

In Ihren Eingangs- und Schlussausführungen sagen Sie: Das NT zeige eine im Vergleich zum AT neue Ethik des Verzeihens. Das Gottesbild verschiebe sich vom eher rächenden zum eher gnädigen Gott. Das kann man angesichts des Gebotes der Nächstenliebe dann doch so nicht sagen, finde ich. Denn wenn man es so sieht, dass Jesus ein neues Gottesbild gebracht hat, dann überlässt man den Befürwortern ja umso mehr das alte Gottesbild des Alten Testaments. Dann behalten sie "das Wort", die eindeutigen AT-Gebote für die Todesstrafe. Wir können uns dann nur auf Jesus berufen, der aber die Gebote des AT für Todesstrafe nicht direkt aufgehoben hat. Dann ziehen wir biblisch sozusagen den Kürzeren. Und so stehen sich dann "Liberale" und "Fundamentalisten" weiter verständnislos gegenüber: als ob die Ablehnung der Todesstrafe kein biblisches Fundament hat und nur aus liberaler (Um-)Deutung hervorgeht!

Ich komme aus einer evangelischen Tradition und habe gelernt: AT und NT bilden eine unauflösbare Einheit. Die Bibel legt sich selber aus. Der neue Bund (Jesus Christus) ist die Erfüllung des alten Bundes (Israel), die diesen bekräftigt: Israel ist und bleibt Gottes ersterwähltes Volk. Die Völker, die dazu berufen werden, müssen nicht mehr die ganze Thora halten. Dennoch ist die Freiheit, zu der Gottes Gnade befreit, nicht beliebig: Die Nächstenliebe, der Dekalog, Jesu Thoraauslegung bleiben für Christen verbindlich. Auf dieser Basis kann ich mit Biblizisten diskutieren. Denn dann merken die, dass ich ja den geoffenbarten Willen Gottes anerkenne und zur Basis der Auseinandersetzung mache. Dann kann ich ihnen auch zugestehen: Das NT nimmt tatsächlich nirgends direkt zu Gen. 9, 6, Ex. 21, 12, Num. 35, 16-34 usw. Stellung. Aber vielleicht ist dieses Schweigen eben kein Zufall. Zeigt das nicht schon, dass Gottes Gnade uns alle aus dem Vergeltungszwang befreien will?

Jesus selber wollte uns schon auf einen neuen Weg senden: einen Prozess, in dessen Verlauf der gesellschaftliche Hass, der nach der Todesstrafe schreit, überwunden werden kann (Joh. 8). Es nützt offenbar nichts, wenn man die Strafart ablehnt, aber den Hass dahinter nicht angreift. Das ganze NT verkündet unmissverständlich: Jesu Weg ans Kreuz hat das ganze AT-Gesetz wirklich erfüllt. Christus ist das ZIEL (Telos, Römer 11, 4) des Gesetzes. Seine Gnade bekräftigt Gottes Gerechtigkeit: Er verschiebt das Gottesbild also nicht, sondern erfüllt es! Die Todesstrafe – das Gericht – war und ist Gottes ursprüngliches Recht von Anfang an: Das offenbart das AT. Und es bleibt sein alleiniges Recht: Das offenbart das NT. Erst dann wird klar, dass das Evangelium das Vergeltungsgebot tatsächlich überholt und nicht nur ein bisschen relativiert hat. Dann ist der Freispruch des Sünders zugleich ein neues verbindliches Gebot Gottes, das auch dem staatlichen Strafrecht übergeordnet ist und dieses verändern soll. Dann kann das Evangelium uns auch in der Wirklichkeit eher vom Vergeltungszwang befreien. Dann ist die Todesstrafe abzuschaffen, weil sie den Staat mit Gott verwechselt. Dann können, ja müssen wir sogar schlimmsten Mördern das Recht auf Leben und die Chance zur Veränderung zugestehen. Das ist wohl sehr schwer und ein sehr langer Weg. Aber anders bliebe "Gnade" in der Realität unerfahrbar und ein leeres Wort.

So habe ich es von Karl Barth, dem großen Theologen des 20. Jahrhunderts gelernt.Wie erfüllt Gottes Gnade seine richtende Gerechtigkeit? Seine Gnade befreit Israel aus der Sklaverei. Seine Gebote wollen diese Freiheit bewahren. Sein Endgericht will diese Befreiung endgültig und universal durchsetzen. Israel soll die Thora befolgen, um so eine für alle Völker beispielhafte Rechtsordnung aufzubauen. Das Segnen der Fremdvölker und der Fremden in Israel, ja sogar der Feinde, die Gottes Volk bedrohen, ist geradezu Israels Bestimmung (Genesis 12, 3). Jesus hob nur diese Aufgabe des Volkes Gottes, "Licht der Völker" zu sein, wieder hervor: "Ihr seid das Licht der Welt!" Er erinnerte seine Hörer an bestimmte AT-Traditionen - besonders die Propheten von Amos bis Deuterojesaja, die ihrerseits die Sozialgesetze erneuerten - und bekräftigte sie durch sein eigenes Handeln. Der Antrittspredigt bei Lukas zufolge wollte er die Verheißung des neuen Exodus für die Armen erfüllen. So auch in den Heilszusagen der Bergrede. Gottes Reich ist ganz nahe und gehört denen, die hier und heute Unrecht erleiden. Jesu Verkündigung in Wort und Tat beginnt die zugesagte Befreiung der Armen, Rechtlosen, Ausgegrenzten, Sünder.

Das tendiert sehr wohl auf eine reale Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Dass das NT daran nicht interessiert war, kann man so auch nicht sagen: Gerade wegen seiner Naherwartung hat Jesus schon Dämonen ausgetrieben, Aussätzige geheilt, Hungernde gesättigt, Tote erweckt, eine Tempelreform begonnen, die Armen und Ausländern das Opfern erspart und sie nicht ausgrenzt. Sonst wäre er wohl kaum als Aufrührer ausgeliefert und am Kreuz hingerichtet worden. Der für uns zum Sklaven wurde, will die Sklaverei durch seine Gnadenzusage überwinden! Der den Armen Gottes Reich schenkt, will, dass sie auch das Land erben, dessen gerechte Umverteilung das AT (Lev. 25) gebietet! Darum sollen die Großgrundbesitzer ihr ganzes Land den Armen schenken (Mk. 10), darum soll die Ostergemeinde Jesu alles gemeinsam besitzen (Apg. 2)! In diesem Sinn hat Jesus die befreiende Absicht der ganzen Thora Israels erfüllt.

Gerade auch in den Antithesen, die inhaltlich ja nicht so neu und schon gar nicht antijüdisch sind: "Segnet, die euch verfluchen...Seid ihr sonst anders als die Völker? Auch sie lieben ihre Angehörigen." Das lehrten auch andere Rabbiner vor, neben und nach Jesus. Aber er trug diese Thoraauslegung offenbar mit dem Anspruch vor, dass sie gegenüber "den Alten" oder gar Moses selber wahr sei. Das wirkte anmaßend und provozierte Widerspruch. Aber auch das war ja im Judentum nicht neu, dass ein Prophet abgelehnt wurde und sein Leben riskierte! Die Leidensankündigungen thematisieren dann die Verwerfung des Menschensohnes, die Passion erzählt sie. Jesus übernimmt wirklich unsere Schuld und erleidet das Gericht, das uns zukam. So erfüllt Gott sein Vergeltungsrecht. Damit nimmt er uns sein Vergeltungsgebot aus der eigenmächtigen Verfügungsmacht. Das Hinrichten anderer, der endgültige Ausschluss vom Heil, kann nicht mehr als Gottes Wille ausgegeben und so legitimiert fortgesetzt werden! Jesus Christus hat Gottes Gerechtigkeit hergestellt, Gottes Recht zur Gnade endgültig erfüllt und so bekräftigt. Dann ist das NEIN zur Todesstrafe gesamtbiblisch begründet.

Und dann muss man die Stellen, die Sie unter PRO Todesstrafe im NT anführen, nochmal genau anschauen: Mt. 26, 47-54: Der Verrat des Judas führte zu Jesu Festnahme und Hinrichtung. Hier vollzieht sich, was die Passionssummarien ankünden: Der Sohn Gottes wird an seine Feinde ausgeliefert. Jesus warnt davor, seinen vorherbestimmten Weg mit Gewalt aufhalten zu wollen. Er redet "alle" an, die zum Schwert greifen: seine Anhänger, aber auch die umstehenden Tempelwächter und Soldaten. Die Warnung betrifft Angreifer wie Verteidiger, Aktion wie vorhersehbare Reaktion: Gewalt für oder gegen Jesus ist in Wahrheit Gewalt gegen Gott! Sie will Jesu Hingabe für uns und damit das Kommen von Gottes Reich verhindern. Doch Jesu Gewaltverzicht nimmt sein Leiden als Gottes Willen an. Der Messias, der Gottes Reich ohne Schwert bringt, braucht keinen bewaffneten Schutz: Gottes Himmelsheer kann ihn vor Roms Legionen schützen. Gewalt für ihn vermehrt nur das Leiden, das er für uns gerade besiegen will. So warnt er uns vor den Folgen unseres Misstrauens gegen den wahren Gott. Er starb am bösen Zusammenspiel von "Religion", "Staat" und "Volk". Aber sein Reich wird sich gewaltlos gegen alle Widerstände und Weltmächte durchsetzen. – Der Satz rechtfertigt also keineswegs die römische Todesstrafe, die sich vor allem gegen Aufrührer und entlaufene Sklaven richtete, sondern stellt sie in Frage, ebenso wie die zelotische Gegengewalt. Spätere Zelotenaufstände provozierten tatsächlich nur mörderische Gegengewalt: Die Römer zerstörten Israels Tempel, Stadt und Land. Genau wie Jeremia sah Jesus das voraus.

Lk. 23, 39-43 setzt Lk. 23, 33-38 fort: Die lukanische Darstellung der Kreuzigung Jesu lässt sich nicht in einen "Pro"- und "Contra"- Teil zur Todesstrafe auftrennen. Das verfehlt die Pointe des Textes insgesamt. Jesus wird mit und zwischen "Übeltätern" gekreuzigt. Er bittet Gott für sie und für alle übrigen Beteiligten um Vergebung: das gaffende und höhnende Volk, dessen Führer, die Tempelpriester, die Henker, die zynisch und sadistisch seine Kleider verteilen, ihre Handlanger, die römischen Soldaten. Sie alle wissen wohl mehr oder weniger, dass sie einen Unschuldigen hinrichten. Aber sie wissen nicht, dass dieser ihr Heil ist: der wahre Messias. Alle verhöhnen ihn, weil er der Messias sein will und doch ohnmächtig am Kreuz hängt. Sogar einer der beiden mit ihm gekreuzigten Zeloten stimmt in den allgemeinen Spott ein. Der andere aber hat verstanden. Er erkennt sein Ende als Gottes Gericht über sein Tun an. Und er erkennt, dass allein der Schuldlose neben ihm ihn retten kann. So bittet er Jesus darum, vor Gott für ihn einzutreten. Und Jesus sagt es ihm zu. So wie er von Beginn seines Auftretens an den Armen und Rechtlosen Gottes Reich zusagte, so tut er es noch im Sterben.Der Text zeigt beiläufig das ambivalente Verhältnis der Zeloten zu Jesus. Die Römer nannten sie "Mörder", um politisch motivierte Attentate als Kapitalverbrechen zu definieren. Der eine höhnt mit und stellt sich auf die Seite der Feinde Jesu, die doch auch ihn kreuzigen: Rette dich selbst, rette sich wer kann, Egoismus statt befreiende Solidarität bis zuletzt. Doch der andere gibt Jesu Anspruch Recht. Du bist doch der Messias: Also denke an mich, wenn Du in Dein Reich kommst! Jesus stirbt schuldlos, er erleidet das Gericht für uns. Darum kann er vor Gott für uns eintreten und uns aus Gottes Gericht retten. Jesu Verhalten zu den beiden ist umgekehrt gerade nicht ambivalent. Indem er dem Bittenden das Paradies zusagt, gibt er indirekt auch dem Feindseligen die Chance zur Umkehr. So bleibt es dabei: Jesus bittet vor Gott für alle Mörder und alle zu Recht oder Unrecht Verfolgten. Nur dem wahren Gott steht das letzte Urteil über uns zu: Das entkräftet die staatliche Todesstrafe bereits. Sie ergeht nach menschlichen Maßstäben zu Recht ("pro") und ist doch schreiendes Unrecht ("contra"), weil Jesus für die Mörder gebetet und Gott sein Gebet schon erhört hat.

26. Januar 2005

Hi Gabi,

mein lieber Schwan, was ich heute alles gelesen hab..... Zuerst hörte ich die Nachrichten... naja, du kannst dir ja denken, was es da so Wichtiges zu berichten gab. Die haben den Troy Kunkle hingerichtet. Das ist eine so wichtige Nachricht, dass sie es auf der ganzen Welt verbreiten müssen. Nur hält die Welt es nicht für nötig, etwas dagegen zu unternehmen. Ich sage immer: Egal, was ein Mensch gemacht hat, es rechtfertigt nicht dessen gewaltsamen Tod. Klar, wenn jemand jemanden umgebracht hat (kommt auch immer auf die Umstände an), gehört er weggesperrt, aber wenn dieser jemand jemand getötet hat, dann war der Getötete in der Regel nicht drauf vorbereitet. Aber wird dann dieser jemand hingerichtet, ist er sehr wohl darauf vorbereitet. Selbst einem Tier auf dem Schlachthof erspart man es, dass es mit bekommt, was mit ihm geschieht. (Hab ich letzte Woche erst einen Bericht von Premiere gesehen.) Für mich sind das Barbaren, die das fertig bringen. Ich hoffe nur, dass Menschen wie du und die C. es irgendwann schaffen, dass es mehr, sehr viel mehr Menschen gibt, die sich dagegen aufbäumen und dieses organisierte Morden bekämpfen!!! Woher nehmen die das Recht, so mit Menschen umzugehen? Wer macht sie zum Herren über Leben und Tod? Die Gesetze? Die, die sie selbst gemacht haben? Gesetze, die sie in einem Land gemacht haben, in dem sie noch nicht mal etwas zu suchen hatten? Dieses Land, was in dieser Form noch nicht mal eine Geschichte von 500 Jahren vorzuweisen hat? (Doch, sorry, es sind schon 513 Jahre.) Aber es sind ja nicht nur die Verurteilten, die das System "America" zu spüren bekommen. Wir alle dürfen es spüren. Wo immer es einen krieg zu führen gibt (auch wenn es keinen zu führen gibt), führen ihn die Amis. Sie haben kein Interesse am Leben von Zivilisten ,egal wo auf der welt, und schon gar keinen Respekt. Wie sollen sie das in ihrem Land gebacken kriegen, wenn sie es auf der ganzen Welt jeden Tag machen, wie sie es wollen!? Es ist ihnen egal, Hauptsache, es war "gerecht"! was ein Hohn!!!!

Dir jedenfalls wünsche ich jede Menge Kraft bei deinen Bemühungen!!! Grüße aus ...!!! Andreas

29. Januar 2005

Hallo Andreas,

danke für deine Mail und deine guten Wünsche. Ich sehe die Dinge ähnlich wie du, wie du dir vorstellen kannst. Was du schreibst über das Vorbereitet- oder Nicht-Vorbereitet-Sein auf den Tod, ist für mich nachvollziehbar, allerdings weiß ich, dass manche Befürworter der Todesstrafe das gerade andersherum sehen. Die Enkelin eines der beiden Opfer von Cliff Boggess hat ein paar Monate nach dessen Hinrichtung im amerikanischen Fernsehen geäußert, dass Cliff's Tod zu einfach war, er habe sich ja schließlich vorbereiten und von seinen Angehörigen verabschieden können, was ihr Großvater nicht konnte...

Viele Grüße, Gabi

20. Juli 2005

Hallo Gabi, ich hoffe, ich darf Sie so nennen,

nur durch Zufall bin ich auf die Seiten www.todestrafe-usa.de usw. gekommen, irgendwann kam ich durch Verlinkungen nun auch auf Ihre Seite.Über viele Stunden hinweg habe ich darin gelesen, irgendwie hab ich nicht "loslassen" können.

Wenn ich nun sagen würde, ich war immer gegen die Todesstrafe, so würde ich lügen, das möchte ich nicht. Durch die vielen Informationen auf Ihrer Seite, die eigenen Berichte über die Besuche und den Kontakt im Todestrakt usw. habe ich meine Meinung geändert. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar. Finanziell kann ich leider keine Hilfe sein, aber ich würde gerne Kontakt mit einem Gefangenen aufnehmen, ihm schreiben und vielleicht so ein klein wenig helfen. Es ist nicht viel, was ich tun kann, aber ich würde es gern tun.Vorher habe ich auch mit meinem Freund gesprochen, was er davon halten würde, und er findet es sehr gut. Irgendwo las ich dann "Lamp of Hope", und es erinnerte mich daran, was es bedeutet, wenn man nur noch die Hoffnung hat, wenn man allein ist, niemanden hat, mit dem man sich austauschen kann.Vielleicht gibt es jemanden, dem ich ein kleines "Hoffnungslicht" sein kann, mag sicherlich dumm klingen für Sie, aber ich kann es nicht besser ausdrücken.

Ich habe auch einen erwachsenen Sohn, der leider auch den falschen Weg im Leben gegangen ist, wenn ich dann lese, dass im Todestrakt junge Menschen sind in seinem Alter, kann ich mich auch in die Verzweiflung der Eltern versetzen, würde er in den Staaten geboren sein, könnte er auch dort einsitzen und auf den Tod warten, über viele Jahre hinweg, ein unerträglicher Gedanke, der mich noch mehr in meinem Beschluss bestärkt hat, Ihnen zu schreiben.

Leider ist mein Englisch nur unzulänglich, meine Schulzeit liegt ja schon lange zurück, ich verstehe mehr als ich sprechen kann, was ich nicht verstehe, muss ich nachschlagen.Vielleicht gibt es jemanden, der ein wenig Deutsch versteht, oder ich müsste jemanden fragen, der mir bei der Übersetzung helfen würde, damit es nicht zu abgehackt klingt.

Wie beginnt man in diesen Fällen eine Brieffreundschaft, stellt man sich nur kurz vor, schreibt von seinen Hobbies usw.? Wie lang sollte der Brief sein,was darf darin stehen und was nicht? Ich möchte nichts falsch machen. Es wäre mir egal, ob es ein Mann ist oder eine Frau, ob weißer oder schwarzer Hautfarbe, ich habe keinerlei Vorurteile.

Vielleicht könnten Sie mir ja helfen. Darüber wuerde ich mich sehr freuen. Ich hoffe, ich bereite Ihnen nicht zuviel Mühe. Für Ihre weitere Arbeit wünsche ich Ihnen viel Erfolg, Kraft und vor allem viel Gesundheit.

Vielen Dank im Voraus und einen schönen Abend noch. Mit freundlichen Grüßen, Petra

14. August 2005

Hallo Petra,

sorry, dass meine Antwort ein bisschen gedauert hat... Wollen wir nicht "du" zueinander sagen? Bin ich im Internet eigentlich so gewöhnt... Danke für deine sehr offene und auch bewegende Mail! Ich mache niemandem einen Vorwurf daraus, wenn er sagt, dass er nicht gegen die Todesstrafe ist oder war. Allerdings ist es wirklich vielfach so, dass viele, die sich für die Todesstrafe aussprechen, nicht besonders gut informiert sind. Das ist gar nicht so selten, dass jemand seine Haltung ändert, wenn er/sie sich näher damit auseinandersetzt. Ich erlebe das deswegen immer wieder mal, weil ich selber z.B. über Vorträge an Schulen an der Aufklärungsarbeit beteiligt bin.

Natürlich versuch ich gern mit ein paar Tipps zu helfen, wenn du entschlossen bist, einen Briefkontakt zu beginnen. Leute, die ein bisschen Deutsch können, sind sehr selten, aber das sollte dich nicht unbedingt abschrecken. Ich habe seinerzeit auch mit einem ziemlich verrosteten Schul-Englisch angefangen und dann gemerkt, dass man da schon mit der Zeit Fortschritte macht - heute kann ich es sicher besser als jemals in der Schule. Auch darf man sich um Gottes Willen nicht einbilden, man müsse das perfekte Englisch schreiben. Zum einen sind viele der Insassen auch nicht sooo gebildet, dass die ein fehlerfreies Englisch beherrschen, zum anderen geht es ja primär darum, sich verständlich zu machen - ob da die Grammatik immer stimmt, ist doch sch... egal! :-)

Hinsichtlich der Länge der Briefe oder auch des ersten Briefes gibt es keine Regeln oder gar Vorschriften. Sich vorstellen, von sich erzählen, ja, auch die Hobbies, ist ein guter Anfang. Vielleicht auch schreiben, was einen denn darauf gebracht hat, einen solchen Briefkontakt beginnen zu wollen. Vermeiden sollte man Fragen nach dem Fall bzw. Verbrechen - das setzt zum einen eine größere Vertrauensbasis voraus, die es am Anfang noch nicht hat, zum anderen sind die meisten Fälle ja in irgendwelchen Berufungsverfahren, sodass die Insassen nichts schreiben werden, was sie selbst belasten würde, falls sie z.B. auf Unschuld plädieren. Also: Ganz normal was von sich erzählen, vielleicht ein Foto mitschicken (kein Polaroid) und die Brieffreundschaft anbieten, das ist für den Anfang ganz gut. Du könntest ja auch schreiben, dass dein Englisch nicht so gut ist - da hat so ziemlich jeder Verständnis für, denke ich. Die meisten sind ja froh, dass ihnen überhaupt jemand schreibt! Hilft das fürs erste?

Liebe Grüße! Gabi

15. Oktober 2005

Guten Tag,

ich habe Ihren „Leitfaden rund um Besuche....“ mit Erstaunen gelesen. Die von Ihnen bezeichneten "Brieffreunde" sind doch Mörder, die über kurz oder lang ihre gerechte Strafe erhalten. Wäre es nicht angebracht, sich mit diesem Engagement um die Opfer dieser Unmenschen zu kümmern? Die Vorteile der Todesstrafe sind keine Wiederholungen der begangenen Untaten und kein jahreslanges Durchfüttern dieser "Brieffreunde". Ich bewundere immer wieder, mit welchem Elan der Staat Texas hier seinen Verpflichtungen gegenüber den unbescholtenen Bürgern nachkommt, und hoffe, dass sich auch andere Staaten hierzu entschließen können.

Mit freundlichen Grüßen, F.K.

18. Oktober 2005

Frau Uhl, was soll denn überhaupt Ihr Engagement für die schlimmsten Verbrecher unserer Welt? Was wollen Sie denn damit bezwecken? Sie können doch nicht im Ernst daran glauben, uns, den normalen Mitteleuropäern weiszumachen, welches Unrecht auf der anderen Seite des Atlantiks geschieht. Haben Sie völlig verdrängt, dass ihre "Brieffreunde" Mörder der übelsten Art sind? Haben Sie eventuell auch weiterhin verdrängt, dass diese Verbrecher nach geltendem Recht und Gesetz ihre Strafe erhalten, und ignorieren Sie auch, dass die Tötungsart immer wesentlich humaner ist als die Tötung, die sie selbst anwandten? Über Ihr Gesülze, diese Verbrecher hätten sich im Gefängnis positiv entwickelt und manche von Ihnen würden dies durch ihre Bilder wunderbar bestätigen, kann ich nur lachen. Lachen muss ich auch über Ihre naive Aussage, wem nützen letztlich diese Hinrichtungen. Frau Uhl, hingerichtete Mörder haben keine Chance mehr nochmals zu morden. Das ganz allein zählt.

Der Verbrecher, bei dessen Hinrichtung Sie persönlich anwesend waren, hat zwei Menschen brutal ermordet. Seine Hinrichtung mittels einer Giftmischung war doch viel zu human. Solche Verbrecher hätten es verdient, vor ihrer Hinrichtung entsprechende Qualen am eigenen Körper selbst zu erleiden. Mir geht seine Biografie am Arsch vorbei. Er war erwachsen, er hat gemordet. Weg mit ihm, je früher, desto besser. Auch die Todeszellen, die - laut Ihrer Aussage - ach, so klein sind, kosten den Steuerzahler unverhältnismäßig viel Geld. Hinrichtungen sollten spätestens einen Monat nach Abschluss der Verhandlungen erfolgen.

Ich hoffe, dass Texas, wie auch viele andere Staaten in den USA und in der Welt, weiterhin konsequent ihre Gesellschaften auf Dauer durch Hinrichtungen vor diesen Verbrechern schützen.

Ihnen persönlich wünsche ich noch sehr viele Reisen zu Ihren Brieffreunden, um eine persönliche Verabschiedung zu ermöglichen. F.K.

22. Oktober 2005

Hallo Herr K.,

das Thema scheint Sie ja sehr stark zu beschäftigen, wenn Sie mir in kürzester Zeit gleich zweimal schreiben, noch bevor ich Zeit finde, auf Ihre Anfragen einzugehen. Schade, dass Sie den sachlichen Stil Ihrer ersten Mail in der zweiten schon aufgegeben haben...

Aber zum Inhalt: Ob die Todesstrafe für einen Mörder "gerecht" ist, darüber kann man streiten. Immerhin fordern die einen die Todesstrafe, weil ihnen lebenslang im Gefängnis zu wenig erscheint, und die anderen stellen fest, dass der Tod eigentlich eine viel zu geringe Strafe sei, und sind mit der Todesstrafe dann auch nicht zufrieden. Mir geht es weniger um die Frage der Gerechtigkeit, die überhaupt nicht klar definiert ist, sondern vielmehr um die Frage der Sinnhaftigkeit oder Sinnlosigkeit dieser Strafe.

Natürlich ist es richtig und wichtig sich um die Opfer und Opferangehörigen zu kümmern - ich habe nie anderes behauptet. Darum unterstütze ich ja auch den "Weißen Ring". Ideal finde ich die Organisationen in USA, die gleichermaßen beiden Seiten helfen - es gibt dort drüben Organisationen, die gegen die Todesstrafe sind und gleichzeitig ganz gezielt Opfer-Arbeit durchführen. Die kleinen Vereine, die sich hier in Deutschland für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe engagieren, wären damit wohl in ihren Kapazitäten überfordert. Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass ihnen die Opfer egal sind und man nicht zu helfen versucht, so weit man dazu imstande ist.

Und wenn Sie mich persönlich fragen, weshalb ich mich stärker gegen die Todesstrafe als für die Opfer engagiere, dann kann ich dazu nur feststellen, dass mich das Schicksal quasi da hingestellt hat - niemand kann überall gleichzeitig helfen und die ganze Welt retten, jeder muss seinen eigenen Platz finden, wo er sich engagiert. Das bedeutet aber nicht, anderes Engagement deshalb als unwichtig zu erachten.

Was die von Ihnen angeführten Vorteile betrifft: Natürlich, wer tot ist, kann nicht zum Wiederholungstäter werden. Aber das ist eben nur eine Seite der Medaille. Wer unschuldig zum Tod verurteilt wurde, den kann man auch nicht wieder lebendig machen. Und dass das Risiko, Unschuldige zu verurteilen recht hoch ist, dafür sind die USA das beste Beispiel. Im übrigen kann die Gesellschaft vor einem Mörder ausreichend geschützt werden, wenn man ihn lebenslänglich ins Gefängnis bringt - wo noch dazu überhaupt weniger als 3 % überhaupt rückfällig wird. Und das mit dem Durchfüttern: In den USA belaufen sich die Kosten in Todesstrafe-Prozessen auf mindestens das Dreifache der Kosten, die eine vierzigjährige Haftstrafe ausmacht.

Und wenn Sie Texas für seine Todesstrafen-Praxis so bewundern: Dann übersehen Sie bitte nicht die Studien, die belegen, wie unfair und marode das texanische Justizsystem ist. Sie finden in den Todeszellen nur arme Leute, die sich keinen guten Anwalt leisten konnten und deren Pflichtverteidiger einen armseligen Job abgeliefert haben. Es sind Fälle bekannt, dass Pflichtverteidiger im Prozess geschlafen haben - die Berufung wurde mit der Begründung abgelehnt, es stehe nirgends im Gesetz, dass ein Pflichtverteidiger während der Verhandlung wach sein müsse! Wenn Sie Texas dafür bewundern möchten, na dann. Es gibt Fälle, in denen Menschen hingerichtet wurden, obwohl es entlastendes Material gab - das aber zu spät eingebracht wurde. In Texas durften neue Beweismittel früher nur innerhalb von 30 Tagen eingereicht werden. Kam die Entlastung erst nach drei Monaten zutage - Pech gehabt. Wenn Sie Texas dafür bewundern möchten, na dann. Von den Skandalen, die verschiedene Polizeilabors hinsichtlich ihrer schlamperten Arbeit hinsichtlich von DNA-Proben verursacht haben, fang ich jetzt mal gar nicht an.

Soweit meine Beantwortung Ihrer ersten Mail. Sie verstehen aber vielleicht - vielleicht auch nicht - dass ich mir eine Antwort auf Ihre zweite Mail erspare. Wenn Ihnen mein "Gesülze" derartig "am Arsch vorbeigeht", dann möchten Sie im Grunde ja auch gar keine Antworten auf Ihre Fragen, die Mühe, die ich mir gemacht habe, auf Ihre erste Mail einzugehen, war vermutlich ohnehin umsonst.

Trotzdem schöne Grüße, Gabi Uhl

26. Oktober 2005

Liebe Gabi,

mein Name ist Michaela, ich bin 36 Jahre, Alleinerziehende einer 4-jährigen Tochter, und es gibt für mich nichts Unmenschlicheres als die Todesstrafe. Ich habe schon einige Bücher darüber gelesen und stundenlang mit Bekannten darüber diskutiert, und da taucht immer wieder die Antwort auf: "Man kann leicht dagegen sein, wenn es einen nicht selber betrifft, aber was wäre, jemand würde etwas deinem Kind antun?" Darauf antworte ich immer nur: "Ich hoffe, dann werde ich nicht anders drüber denken wie jetzt." Es würde mir mein kind nicht zurückbringen, auch nicht, wenn man den Täter umbringt. Ich frage mich oft, wie man die Tat eines z.B. Mörders verurteilen kann mit "unmenschlich, hat jedes Recht zu leben verwirkt" usw., um dann im gleichen Atemzug eigentlich das gleiche zu tun, nur vorsätzlich, weil die Todesstrafe im Grunde nichts anderes als ein geplanter Mord ist. Menschenrechte gibt es für jeden Menschen, ob gut oder schlecht, man darf sie bei schlechter Führung nicht entziehen, wir haben einfach kein Recht Menschen das Leben zu entziehen, der Mörder hatte es nicht, aber ich oder der Staat hat es auch nicht, man kann niemand verurteilen und dann das gleiche machen und dann sagen: "Aber mein Mord war gerechtfertigt!"

Du hast eine tolle Seite gestaltet, und ich hoffe, bald von dir zu hören. Liebe Grüße, Michaela

14. Dezember 2005

Hallo Gabi,

ich habe gerade deinen Bericht über deine Freundschaft zu Cliff gelesen, und es hat mich ziemlich stark erschüttert. Durch die aktuelle Hinrichtung von Tookie und Schwarzeneggers Ungnade bin ich auf dieses Thema aufmerksam geworden. Ich finde es sehr furchtbar, was dort passiert ist bzw. staatlich angeordnet passiert. Es ist nur eine andere Art Rache, und ich sehe auch keine wirkliche Besserung unserer Welt dadurch. Ich bewundere insbesondere deinen Mut zu der Hinrichtung damals hingefahren zu sein und dein Engagement gegen die Todesstrafe. Unser Terminator war ganz sicher noch nie bei sowas mit dabei.

Weihnachtlichen Gruß aus ..., Michael

26. Dezember 2005

Hallo Gabi, darfst du gerne einbauen wenn du magst.

Ansonsten, ich habe deine Feedback-Seite nicht komplett gelesen, fand es an einer Stelle von dir aber sehr gut, dass du, glaube ich, auch erwähntest, dass du selbst eine Therapie machst / gemacht hast? Die Menschen, deren Würde so krass missachtet wird wie die der Menschen im Todestrakt, verdienen sicherlich sehr viel mehr Engagement, nur finde ich es auch wichtig, dass man gleichzeitig an seiner eigenen Entwicklung weiter arbeitet und sich eben nicht nur von den zahlreichen Horrorstorys von diversen Opfern identifiziert. Ich hoffe, du verstehst es nicht als Missachtung deines Einsatzes? Es hat seinen Grund, warum sich Menschen mit Opfern oder aber mit Tätern, die selbst Opfer waren, solidarisieren, und dieser Grund liegt tatsächlich oftmals in einer "total verkorksten Kindheit".

Vermeintlich schuldigere Menschen wie am Fließband hinzurichten, das alles unter der Obhut des Staates, es hat aber klar auch seinen Grund, warum die Menschen, die dort arbeiten ,da mitmachen und eben in diesem Geschäft und in keinem anderen Ihre Brötchen verdienen. Ansonsten, Menschen, die so entschieden für Recht oder Unrecht eintreten, haben für mich etwas Größenwahnsinniges. Daher fände ich es nur fair, wenn ein Gouverneur es sich selbst anschauen käme, selbst mit den Wärtern und den Todestrakt-Teams Kontakt hätte sowie mit den Familien der Opfer und der Täter. Ich bin überzeugt davon, wenn dieses stattfände, würde es viele Exekutionen nicht mehr geben.

Weihnachtsgruß aus ... und auch einen guten Start ins Neue Jahr für dich, Michael

29. Dezember 2005

Hallo Michael,

keine Bange, ich empfinde deine Überlegungen überhaupt nicht als Missachtung meines Einsatzes - ich gebe dir vielmehr voll und umfassend Recht! Ja, ich habe eine Therapie gemacht, und das hat mich in meinem Leben und in meiner Entwicklung ganz immens weitergebracht. Es ist ja richtig, dass Ähnlichkeiten in der Wahrnehmung unserer Kindheit ein wesentlicher Aspekt zwischen Cliff und mir waren - obwohl ich denke, dass es nicht eine Faszination vom Bösen o.ä. war, die mich ausgerechnet in Cliff, also einem Mörder, jemanden finden ließen, von dem ich mich in dieser Hinsicht so gut verstanden fühlte.

Die Frage ganz allgemein, weshalb gerade so viele Frauen nicht nur einen Briefkontakt zu Mördern unterhalten, sondern sich sogar in sie verlieben (was bei mir weder bei Cliff noch späteren Brieffreunden im Todestrakt der Fall war), habe ich mir schon vor Jahren gestellt. Die psychologischen Hintergründe hier jeweils für sich persönlich aufzudröseln, sehe ich als eine wichtige Aufgabe an, eigentlich in jedem Fall, wo jemand unter den Folgen einer "verkorksten Kindheit" oder auch einer späteren traumatischen Erfahrung in irgendeiner Form leidet - ganz unabhängig davon, ob jemand Briefkontakte zu Mördern unterhält oder nicht. Wo aber derartige Kontakte mit psychischen Störungen in Zusammenhang stehen: Ja, auf jeden Fall sollte jemand das - ggf. mit professioneller Hilfe - bearbeiten und nicht dabei stehen bleiben, sich (bewusst oder häufiger wohl eher unbewusst) mit Opfern oder Tätern zu identifizieren.

Letztlich hatte ich ja in Cliff auch das beste Vorbild, NICHT in einer Opferrolle jammernd stecken zu bleiben, denn er selber hat sich in den 12 Jahren, die er im Todestrakt verbracht hat, sehr stark verändert, die Verantwortung für sich und seine Taten übernommen und es vorgelebt, dass man sich weiterentwickeln kann - und auch muss, wenn das Leben an Sinn gewinnen soll.

Freut mich, dass du mir deine reflektierten Überlegungen nicht vorenthalten hast - es ist sicher gut, sich in der Hinsicht auch immer wieder selbst Rechenschaft zu geben, und da war deine Mail für mich ein guter Anlass!

Herzliche Grüße, Gabi

23. Mai 2006

Hallo Gabi,

ich möchte mich einmal ganz kurz vorstellen. Mein Name ist Anja, ich bin 27 Jahre alt und wohne in D. Der Grund meines Schreibens ist folgender: Seit längerer Zeit verfolge ich interessiert die Problematik Todesstrafe. Bei meinen Recherchen im Internet bin ich somit auch auf deiner Website gelandet. Als erstes möchte ich mich ganz herzlich für die überaus interessanten, wie auch gefühlvollen Berichte aus Texas bedanken. Ich hatte nicht nur einmal eine Gänsehaut bzw. Tränen in den Augen. Ich finde es bewundernswert, wie sehr du dich gegen die Todesstrafe einsetzt, und bin froh, dass es solche Menschen wie dich gibt.

Ich selbst habe einen Brieffreund in der Polunsky Unit in Texas. Was immer er mir in seinen Briefen schreibt, beschäftigt mich sehr. Durch deine Berichte habe ich noch einen größeren Einblick in sein Leben dort erhalten können. Dafür möchte ich dir sehr danken.

Ich will nicht sagen, dass alle Menschen, die in der Todeszelle sitzen, plötzlich Heilige werden, aber ich denke, dass ein Teil von ihnen genug Zeit hatte über ihre Taten nachzudenken und dass viele da erst begriffen haben, das Leben, Familie und Freunde zu ehren. Ich habe meinen Brieffreund als einen ganz besonderen Menschen kennengelernt, der es wert ist, als Mensch geliebt zu werden. Er hatte mich vor kurzem gefragt, ob ich ihn nicht mal eines Tages besuchen kann. Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich (bis ich deine Berichte gelesen habe) gar nicht erst getraut habe, konkret darüber nachzudenken, obwohl ich es schon gern gemacht hätte. Aber durch deine Berichte hast du mir regelrecht die "Angst" genommen.

Was ich dich gerne fragen möchte wäre, ob du vielleicht planst, ein richtiges Buch über deine Erlebnisse und Erfahrungen zu schreiben? Denn ich bin mir sicher, dass du vielen Leuten das Thema Todesstrafe damit näherbringen könntest.

Ich möchte mich auf jeden Fall von ganzem Herzen für die Tipps und für die Berichte bedanken!!! VIELEN DANK!!! Mach weiter so!

Viele liebe Grüße aus D., Anja

30. Mai 2006

Sehr geehrte Frau Uhl,

vielen Dank für Ihre Erzählung über Clifford H. Boggess und James L. Beathard. Ich war wirklich sehr gerührt. Dann habe ich mir Ihre Berichte über die nächsten sechs Besuche durchgelesen, und ich muss sagen, es ist wirklich so gut geschrieben. Ihre Gefühle kommen über den PC rüber. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, selbst ein Buch zu schreiben?

Ich schreibe seit kurzem auch einem Insassen der Texas D/Row. Er ist mir trotz kurzer Zeit sehr ans Herz gewachsen. Ich weiß, man sollte es nicht zu sehr an sich 'ran lassen, aber er ist mir schon ein lieber Freund geworden. Ihre Erzählungen waren an meiner endgültigen Entscheidung, jemandem in der D/Row zu schreiben, nicht ganz unbeteiligt.

Vielen Dank auch für den Leitfaden. Ich bin sicher, eines Tages werde ich Gebrauch davon machen. Leider bin ich eine der wenigen Personen ohne Führerschein, sodass es trotz des Leitfadens etwas schwierig für mich werden könnte. Vielleicht haben Sie noch einen Geheimtipp???

So, dann schließe ich mal. Eigentlich wollte ich mich nur für diese, trotz des traurigen Hintergrundes, schönen Berichte bedanken. Machen Sie weiter so.

Mit freundlichen Grüßen, Manuela

5. August 2006

Guten Tag,

ich habe gerade Ihren Bericht vom "6. Besuch" in Texas gelesen und kann nur den Kopf schütteln. Was veranlasst Sie, für solche Bestien, wie den im März hingerichteten Mörder, solche Berichte ins Internet zu stellen? Dieser Mann, ein Schwarzer, wurde des Raubmords überführt und entsprechend den geltenden Gesetzen nach vielen Jahren endlich hingerichtet.

Ihre Feststellung, die Todesstrafen seien barbarisch, kann ich nicht nachvollziehen. Mörder gehören hingerichtet, in den USA und vielleicht bald auch wieder in Europa. Polen bewegt sich schon in diese Richtung.

Warum opfern Sie so viel Zeit und Geld für diese Missgeburten? Wäre es nicht angebrachter, den Opfern dieser Hurensöhne beizustehen?

Da gibt es sogar eine deutsche Frau, die einen solchen Schwerstverbrecher, der einem Mädchen die Vagina zerschnitten und es anschließend getötet hat, geheiratet und nach der Hinrichtung mit nach Deutschland gebracht hat. Mörderimport nennt man so was.

Schönes Wochenende und Daumendrücken für die 11 in diesem Monat noch anstehenden Hinrichtungen in den USA.

11. August 2006

Wieviel Zeit und Geld wenden Sie auf, um Opfern zu helfen? Die Zeit, die Sie damit zubringen, meine Berichte im Internet zu lesen und mir abfällige E-Mails zu schreiben, könnten Sie doch schon mal besser dafür nutzen...

Gabi Uhl

11. August 2006

Regen Sie sich doch nicht so auf. So, wie Sie glauben, dem Abschaum der Menschheit noch die Stange zu halten, freuen sich andere über jede vollzogene Hinrichtung. Dort in den USA werden keine Schwarzfahrer oder Hühnerdiebe hingerichtet, sondern Zweibeiner, die nur aussehen wie Menschen. Meist sind es sogar Bimbos, wie Ihr Bekannter. Bei Sexualverbrechen sollten diese Triebtäter eine Woche vor Hinrichtung an Sack und Hoden aufgehängt werden.

Am 8. und auch heute hat es ja geklappt. Wollen hoffen, dass auch die restlichen Hinrichtungen im August problemlos durchgeführt werden. Was sagen Sie denn zu dieser Kaputten, die ihren hingerichteten "Liebling" mit nach hier brachte? Ich hoffe sehr, dass sie zwischenzeitlich seine Asche in ein Klärbecken geschüttet hat.

Schönes Wochenende und sparen Sie sich künftige Reisen zu diesen Missgeburten.

11. August 2006

Es wurde höchste Zeit, dass diese Kreatur abgespritzt wurde. Ich verstehe immer noch nicht, was Sie bei diesen Tieren suchen? Sind Sie doch froh mit uns, dass diese Typen nach dem Abspritzen keine Chance mehr zum Morden haben.

Also, auf Texas ist Verlass. Ratz-fatz, und die Missgeburten sind keine mehr, Stimmt es, dass man das Freudenhaus dieser Deutschen, die auch einen Killer heiratete, geschlossen hat? Wurde auch höchste Zeit. Amerika, so gefällst du mir.

11. August 2006

"Regen Sie sich doch nicht so auf."

Wenn Sie glauben, dass ich mich über jemanden wie Sie aufrege, befinden Sie sich gewaltig im Irrtum. Mein Computer hat bereits Ihre erste Mail in den Spam-Ordner verfrachtet - und genau da gehören sie auch hin. Und damit ist die Diskussion für mich erledigt.

Gabi Uhl

Ergänzender Kommentar an dieser Stelle: Ich glaube, diese Feedback-Seite zeigt durchaus, dass ich bereit bin, mich auch mit kritischen Stimmen und Befürwortern der Todesstrafe sachlich auseinanderzusetzen. Für die Verbal-Ausscheidungen von Rassisten, die mit ihren eigenen Aggressionen nicht klar kommen und noch nicht einmal den Mut haben, den eigenen Namen unter ihr menschenverachtendes und hasserfülltes Geblubber zu setzen, wende ich jedoch keinerlei weitere Zeit und Energie auf.

29. November 2006

Servus Gabi, ... Deine Heimseite hat mir sehr gut gefallen, und ich möchte mich vor deinen Leistungen verneigen! Insbesondere dein Bericht über Boggess hat mich tief bewegt! ...

Vor vielen Jahren war ich selber, voller Überzeugung, Soldat bei der deutschen Armee - habe sämtliche Waffen geschossen, die es gibt... Es wäre so einfach, einem Menschen das Leben zu nehmen. Zum Glück musste ich nie eine Waffe gegen einen Menschen richten - und werde es auch niemals tun!

Freisprechen aber kann sich keiner davon, wie er zu gegebener Situation unter Umständen handeln würde! Daher auch mein Unverständnis deinen Kritikern gegenüber, die ja oft die Todesstrafe befürworten! Welche dieser "Kreaturen" würde wohl selbst das Gift einleiten, den Abzug drücken, Gas einfließen lassen, den Strom andrehen, usw. usf? Wohl kaum einer, sie reden nur daher!!!

Welchen Bezug hat der Henker, haben die Henker, zu seinem bzw. ihrem Opfer? Keinen! Von jeher war ich Gegner der Todesstrafe - biblisch zwar ausgedrückt und bis heute praktiziert von einer alten "amerikanischen" Einwandererfamilie: "Auge um Auge, Zahn um Zahn?" - Wer aber so argumentiert, der vergisst das viel ältere: "Du sollst nicht töten!"

In diesem Sinne, verbunden mit deinen außergewöhnlichen Taten, Andreas

26. Dezember 2006

Hallo Andreas,...

Vielen Dank für deine freundlichen Worte - dem ist kaum was hinzuzufügen... :-) Ich sehe es absolut genauso: Niemand weiß, ob er nicht doch unter den entsprechenden Umständen in der Lage wäre einen anderen Menschen zu töten. Ich habe gerade angefangen ein Buch zu dem Thema zu lesen: "Menschen töten" von Dorothee Frank. Hab zwar erst zwei Kapitel gelesen, aber genau darauf läuft es im Grunde hinaus - dass z.B. die meisten Tötungsdelikte im Affekt geschehen und die Täter sich das selber nicht zugetraut hätten... ...

Viele Grüße, Gabi

1. Januar 2007

Eintrag im Gästebuch der "Initiative gegen die Todesstrafe e.V. (www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de):

Die Sichtweise der Angelegenheit dieser Frau Uhl ist mir seit langem bekannt. Mit Liedern gegen Hinrichtungen in den USA verdient sie Geld. Das sagt doch alles. Die Gegner der Todesstrafe sollen schlicht und einfach zur Kenntnis nehmen, dass es Todesstrafenbefürworter gibt, die es außerordentlich bedauern, dass hierzulande Schwerstverbrecher nicht ihren gerechten Strafen zugeführt werden.

Peter Solms aus Hanau

Meine Antwort im selben Gästebuch:

1. Januar 2007

@ 949: "Die Sichtweise der Angelegenheit dieser Frau Uhl ist mir seit langem bekannt. Mit Liedern gegen Hinrichtungen in den USA verdient sie Geld. Das sagt doch alles."

*ROFLMAO* Selten so gelacht! Ich verdiene mit meinen Liedern gegen die Todesstrafe also Geld?? Das muss mir irgendwie entgangen sein...

Im Ernst: Die CDs wurden von mir selbst finanziert - Kosten für Studio und Musiker in vierstelliger Höhe habe ich selbst getragen und bekomme sie auch nicht wieder raus, weil die vermeintlichen Einnahmen an ALIVE e.V. gehen.

Und meine Konzerte - für die nehme ich kein Honorar und bezahle auch noch Fahrtkosten und dergleichen selbst. Vom Equipment wie beispielsweise Anschaffung eines Scheinwerfers für die Kleinigkeit von 800 Euro mal ganz abgesehen.

Ergo: Ich verdiene an meinen Liedern und Konzerten gegen die Todesstrafe nicht nur kein Geld, ich zahle in finanzieller Hinsicht auch noch drauf. Aber für manche Leute ist ja auch heute noch die Erde eine Scheibe...

Gabi Uhl

31. Juli 2007

Sehr geehrte Frau Uhl,

ich setze mich seit einiger Zeit mit dem Thema Todesstrafe in der heutigen Zeit auseinander und bin durch Zufall auf Ihre Homepage gestoßen. Ihr Bericht von der Hinrichtung und dem Mensch Cliff Boggess hat mich sprachlos gemacht, gleichzeitig lässt dieser Ihr Bericht in mir so eine unheimliche Leere zurück. Natürlich kannte ich diesen Mensch Cliff nicht, und natürlich bin ich der festen Überzeugung, dass Mörder, Gewaltverbrecher und Straftäter für ihre Verbrechen büßen müssen und sollen, aber ich bin gleichzeitig der festen Überzeugung, dass kein Mensch dieser Welt das Recht hat, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen. Dieses Recht hat Gott, der Allmächtige, allein.

Wenn Bestrafung, warum gehen die Lenker aller Staaten dieser Welt nicht her und verhängen eine tatsächlich lebenslange Inhaftierung der Mörder und Straftäter? Bei uns in Deutschland gibt es das Strafmaß "lebenslänglich". Lebenslänglich bedeutet für mich, ein Leben lang hinter Gittern sitzen zu müssen und nicht das Recht zu erhalten, bereits nach, im besten Fall, 15 Jahren wieder ein freier Mensch zu sein. Wir in Deutschland haben in unserem Rechtssystem den "Täter-Schutz" und nicht den Opfer-Schutz. Wer hier in Deutschland denkt von staatlicher Seite aus an die Opfer? Wer hilft den Opfern? Der Staat? Nein.

Daher bin ich felsenfest davon überzeugt, dass Straftäter, bei denen die Schuld eindeutig und zweifelsfrei nachgewiesen worden ist, bei uns, auch hier in Deutschland, noch immer viel zu mild bestraft werden. Nennen Sie es persönliche Rachegefühle, die mich zu dieser Überzeugung treiben, Sie haben da sicher Recht, ich sehe dies aber, denke ich, durchaus realistisch genug, dass hier in unserem Rechtssystem durchaus gravierende Unterschiede zwischen den Straftätern gemacht werden. Denken Sie dabei nur einmal an die sogenannten Prominenten oder an die speziellen Tätergruppen, wie z.B. Staatsbedienstete etc. Es lässt sich nicht verleugnen, dass hier auch beim Strafmaß erhebliche Unterschiede gemacht werden.

Nichtsdestotrotz halte ich eine Todesstrafe, egal in welcher Form auch immer, für verabscheuungswürdig und barbarisch. Ich habe daher vor Menschen wie Ihnen die größte Hochachtung, weil solche Menschen wie Sie sich aktiv für die Menschen in den Todeszellen einsetzen und diesen Menschen dadurch ein wenig das Gefühl zu geben, nicht ganz allein zu sein.

Dies wollte ich durch diese E-Mail zum Ausdruck bringen. Ich danke Ihnen für Ihren Einsatz zum Wohle der Menschlichkeit und wünsche Ihnen ganz persönlich sehr viel Kraft für Ihr Tun.

Mit den freundlichsten Grüßen, ein Gegner der Todesstrafe, T.D.

6. August 2007

Hallo Herr D.,

vielen Dank für Ihre ausführliche Mail und Ihre detaillierten Gedanken! Sie haben sicher Recht, dass auch am Rechtssystem Deutschlands - zumindest in der Anwendung desselben - Kritik angebracht ist. Manchmal kann ich über Urteile auch nur den Kopf schütteln. Und Hilfen für Opfer gibt es zwar, aber sicher nicht genug.

Andererseits frage ich mich schon, ob jeder Mörder tatsächlich unbedingt lebenslang im echten Sinne des Wortes eingesperrt werden MUSS. 20 Jahre, und so lange dauert eine lebenslängliche Haftstrafe bei uns in Deutschland im Durchschnitt, eingesperrt zu sein - allein die Vorstellung ist für mich grauenhaft. Für mich wäre das eine sehr harte Strafe. Ich sag das deswegen, weil manche sagen: "Der kommt nach NUR 15 oder 20 Jahren wieder frei", und man macht sich gar nicht bewusst, was das tatsächlich für eine Zeitspanne ist.

Das haben Sie auch nicht so gesagt, ich weiß. Und Sie haben natürlich Recht, dass der Begriff "lebenslänglich" einfach vom Wort her unpassend ist, wenn gar nicht das Eigentliche des Begriffes gemeint ist.

Nochmal zurück zu meiner Überlegung von oben, ob jeder Mörder tatsächlich unbedingt lebenslang im echten Sinne des Wortes eingesperrt werden MUSS. Strafe muss sein, keine Frage, aber ich denke schon, dass es Fälle gibt, wo nach Verbüßen der Strafe eine 2. Chance eingeräumt werden könnte. Natürlich kann ich mir Fälle vorstellen, in denen ich einen Täter NIE wieder in Freiheit sehen möchte! Und die im Zweifelsfall lebenslange Sicherheitsverwahrung ermöglicht das ja auch bei uns.

Wenn Sie sagen, dass nur Gott allein das Recht hat, einem Menschen das Leben zu nehmen, dann muss ich daran denken, dass der Gott, den ich kenne, auch zu Vergebung aufruft - und deshalb kann ich mir vorstellen, dass auch einem Mörder durchaus noch in diesem Leben nach Verbüßung einer angemessenen Strafe Vergebung, sprich: eine 2. Chance, zuteil werden kann. Voraussetzung allerdings wären Einsicht und Reue und eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass er eine solche Tat nicht wieder verüben wird. (Tatsächlich liegt die Rate der Wiederholungstäter bei Tötungsdelikten unter 3%, soweit ich weiß.)

Ich bin mir aber auch klar darüber, dass das Problem in der Praxis liegt - wie will man entscheiden, ob ein Täter tatsächlich einsieht und bereut und NICHT lediglich Theater spielt... Es gibt da keine absolute Gewissheit. Und deshalb sollte man da m.E. sehr, sehr vorsichtig sein, bzw. ich kann mir eine Art Rehabilitierung auch innerhalb eines geschlossenen Systems vorstellen - einen Täter also nicht freizulassen, ihm aber nach Verbüßen der Strafe bei entsprechender Führung innerhalb von Gefängnismauern ein annähernd normales Leben zu ermöglichen. ...

Viele Grüße, Gabi Uhl

Weiteres Feedback gibt es im englischsprachigen Teil meiner Homepage: HIER

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