James Beathard
James L. Beathard (23.2.1957 - 9.12.1999) war der beste und engste Freund von CLIFF BOGGESS im Todestrakt von Huntsville. James beteuerte bis zuletzt seine Unschuld. Wenige Wochen vor seinem Tod schrieb er seine Geschichte auf, die ihn in die Todeszelle von Texas gebracht hatte:
Im Jahr 1983 ließ sich meine Frau von mir scheiden. Unser Scheidungspapier garantierte mir das Besuchsrecht für unsere Kinder (ein Sohn und eine Tochter). Aber wegen religiöser und politischer Konflikte zwischen der Familie meiner Ex-Frau und mir verweigerten sie mir meine Besuchsrechte. (Sie sind fundamentalistische Protestanten und politisch sehr konservativ. Ich bin Katholik und ein sehr liberaler Sozialist.) Meine Ex-Frau heiratete wieder - einen Mann, der mich hasste (ich vermute, er war ein Faschist), - und um eine gerichtliche Anordnung zu vermeiden, die sie zwingen würden, mich meine Kinder sehen zu lassen, zogen sie weg. Ich nahm mir einen Anwalt und einen Detektiv, um sie ausfindig zu machen, aber bevor wir einen Gerichtstermin hatten, zogen sie wieder weg. Das passierte mehrfach hintereinander: Ich machte sie ausfindig, und sie zogen weg, um einem Gerichtstermin aus dem Weg zu gehen. Wie man sich vorstellen kann, wurde das sehr teuer und brauchte meine gesamten finanziellen Rücklagen auf.
Als ich viele Jahre zuvor auf dem College war, hatte ich mir gelegentlich als kleiner Drogendealer Geld verdient, meist mit Marihuana. Ich hatte mich von der Drogenwelt zurückgezogen, während ich verheiratet war, wegen meiner Kinder, aber als meine Finanzen durch die Suche nach meinen Kindern erschöpft waren, überredeten mich ein paar alte Freunde, für sie Drogen zu schmuggeln, um Geld zu verdienen. Ich tat es nur ein paarmal nach meiner Scheidung. Ich war wirklich verzweifelt, wollte unbedingt meine Kinder sehen, aber die Drogenwelt hatte sich zu sehr verändert seit meiner College-Zeit. Niemand trug Waffen, als ich im College war, und niemand wurde jemals verletzt wegen der Drogen. Aber als ich mich nach meiner Scheidung auf den Drogenhandel einließ, trugen die Leute Waffen. Das waren jetzt zuviel Geld, zu viele Waffen und zu viele gewalttätige Leute. Ich hatte niemals in meinem Leben eine Waffe besessen und wollte auch unter keinen Umständen eine tragen, deshalb hörte ich damit auf. Das ganze Drogengeschäft machte nicht mehr den "Spaß" wie in den 70er Jahren. Es war hässlich und gefährlich geworden.
Wieder einmal, diesmal ziemlich schnell, war mein Geld durch die Suche nach meinen Kindern aufgebraucht. Schließlich halfen mir ein paar Computer-"Hacker", die ich noch aus dem College kannte, meine Kinder und ihre Mutter zu finden. Zu dieser Zeit stimmte der Richter, der für meine Scheidung zuständig war, zu, mir das primäre Sorgerecht für die Kinder zuzusprechen, weil die wiederholten Ortswechsel zum Zweck der Verweigerung meines Besuchsrechts den Kindern schadete - wenn ich einen Gerichtstermin bekäme. Das bedeutete erneut, einen Anwalt zu engagieren, ein sehr teures Ziel.
Einer meiner Partner aus dem Drogengeschäft kannte meine Lage und bot mir Hilfe an, indem er mich anheuerte, ihm bei einem letzten Drogendeal zu helfen. Ich wollte es wirklich nicht tun, aber ich war fast krank vor Verzweiflung, meine Kinder nicht wiederzusehen, so dass ich zusagte. Er sagte, er bräuchte meine Hilfe, weil die Übergabe des Stoffes in einem ihm unbekannten Gebiet sein sollte, das mir aber bekannt sei. Es war nicht das erste Mal, dass ich auf solche Weise mit ihm zusammenarbeitete, deshalb hatte ich keinen Grund misstrauisch zu sein. Er wusste, dass es für mich der absolut letzte Drogendeal sein würde, und sagte mir, es sei auch sein letztes Mal. Erst viel später merkte ich, dass er mich belogen hatte.
In der Nacht des Drogendeals verließen wir meinen Heimatort im Auto meines Kumpels. Er hatte ein Gewehr auf dem Rücksitz. Das war nicht ungewöhnlich, denn viele Leute haben Waffen im Auto, um sich schützen zu können. (Ich lebe in einem sehr ländlichen Gebiet.) Tatsächlich habe ich das Gewehr niemals mit dem Drogengeschäft in Verbindung gebracht, und ich war mit meinem Partner (G. H.), meinem Bruder und ihren Freunden zusammen gewesen, als sie mit genau diesem Gewehr zur Vorbereitung auf die Jagdsaison schossen.
G.H. fuhr mit mir zu einem Platz tief im Wald, etwa 150 Kilometer von unserem Heimatort entfernt. Wiederum nicht ungewöhnlich für Plätze, wo Drogendealer leben. Als wir bei einem Haus tief im Wald ankamen, wies G.H. mich an, bei einer Art Wohnwagen in der Nähe des Hauses zu warten. Wieder: nicht ungewöhnlich. Die meisten Drogenhändler bringen ihre Sachen zu sicheren Plätzen weg von ihrem Zuhause. (Wenn die Polizei dein Haus durchsucht, aber die Drogen in einem Nebengebäude findet, ist es schwerer, den Dealer gerichtlich zu verfolgen.) Nach einer Weile kam G.H. aus dem Haus, holte das Gewehr und kam dorthin, wo ich war. Als er näher kam, konnte ich sehen, dass er äußerst ärgerlich war. Er war sehr wütend. Er sagte mir nicht, was nicht stimmte. Er sagte mir nur: "Ich wollte es nicht auf diese Weise tun, verdammt. Ich wollte es wirklich nicht auf diese Weise tun." Er sah mich an, aber es schien, als nähme er mich gar nicht wahr. Er war offensichtlich krank vor Ärger. Er ging los, aber nach ein oder zwei Schritten hob er das Gewehr und schoss auf das Haus. Das machte mir Angst; er sah mich erneut an, als ob er überrascht wäre. Ich streckte meine Hand aus, um ihm das Gewehr wegzunehmen, aber er wehrte sich zuerst, und ich wich zurück. Dann hielt er es mir hin, als wolle er es nicht in seiner Nähe haben, und ließ es fallen, bevor ich es richtig greifen konnte. Er drehte sich um und ging schnell zum Haus zurück. Ich stand, wo ich war, in einer Art Schock, versuchte zu entscheiden, was ich tun sollte. Ihm folgen? Wegrennen? Hier bleiben? Ihn packen und zurückhalten? Ich kann mich nicht erinnern, viel gedacht zu haben oder auch nur an die Person im Haus gedacht zu haben. Ich war total schockiert über die ganze Situation und versucht zu verstehen, was eigentlich gerade passiert war. All die Jahre im Drogengeschäft war niemals jemand verletzt worden, niemals hatte jemand von Waffen Gebrauch gemacht. Vielleicht vermutete ich, ich befände mich mitten in einem Drogendeal, der schiefgelaufen war.
Dann hörte ich noch mehr Schüsse aus Richtung des Hauses, viele Schüsse. Alles, woran ich in dem Moment denken konnte, war, mich flach auf den Boden zu legen, für den Fall, dass die Kugeln durch die Wände des Hauses kämen. Ich wusste immer noch nicht, was passierte. Als das Schießen aufhörte, rannte ich in den Wald. Ich schäme mich zu sagen, dass ich solche Angst hatte, dass ich überhaupt nicht daran gedacht habe, ob G.H. in Sicherheit war oder nicht. Und wenn du in den Wäldern aufgewachsen bist (ein sicherer Ort für mich seit meiner Kindheit), dann fühlst du dich da am sichersten. Nachdem ich mich eine Weile im Unterholz versteckt hatte, begann ich mich zu beruhigen und etwas nachzudenken; in diesem Moment fing ich an, mir um G.H. Sorgen zu machen und, ja, auch um die Person im Haus. Ich kroch so leise wie möglich zum Waldrand zurück, so dass ich das Haus sehen konnte. Nichts bewegte sich draußen, und ein Fenster konnte ich von dort, wo ich war, nicht sehen; so rief ich nach G.H., um herauszufinden, ob er noch lebte. Er antwortete, sehr zu meiner Erleichterung, und sagte mir, ich soll zum Auto gehen, was ich tat. Es war verrückt: Vielleicht wollte ich mich verzweifelt selbst belügen, aber ich dachte und hoffte, gleich würde ein Haufen meiner und G.H.s Freunde lachend aus dem Haus rennen und schreien: "Überraschung! Hahahaha! Wir wollten dich nur erschrecken! Wir haben dir einen Streich gespielt!" Ich redete mir ein, sie würden jede Sekunde in dieser Weise aus dem Haus kommen. Aber nur G.H. kam heraus. Er fragte, wo das Gewehr sei (ich hatte es vergessen und dort gelassen, wo er es fallen gelassen hatte), und dann ging er es holen. Ich dachte an die Person im Haus und wollte nach ihr sehen, ob alles in Ordnung sei, aber G.H. hielt mich zurück und sagte: "Es ist vorbei. Du kannst nicht hineingehen. Es gibt nichts, was du tun könntest." Ich vermute, ich hatte zuviel Angst, um mit ihm zu streiten. Er warf das Gewehr ins Auto und befahl mir einzusteigen. Dann stieg er ein, und ich fragte ihn: "Was zum Teufel ist passiert?" Jetzt fing ich an, neben meiner Angst auch sauer zu werden. Er sagte: "Beathard, du willst es gar nicht wissen. Aber ich vermute, du wirst es bald genug herausfinden. Das einzige, was du im Moment wissen musst, ist, dass - wenn die Polizei später mit dir spricht - du besser sagen solltest, dass wir den ganzen Abend zusammen waren und wir zu ... gingen." Er nannte ein paar Orte, die wir manchmal besuchten. Dann änderte sich sein Tonfall, und er wurde sehr finster und sagte mir, ich würde es später verstehen, aber das Wichtigste, das Allerwichtigste, das ich nicht vergessen dürfe, sei für mich, dass meine Familie in Gefahr wäre, wenn ich zur Polizei ginge und gegen ihn aussagen würde. Er erinnerte mich, wenn ich wüßte, wo meine Kinder sind, dass er und seine anderen Drogendealer-Kumpane sie ebenfalls finden würden. Die Frau meines Bruders erwartete jeden Tag ihr Kind, und G.H. machte mir klar, dass er oder seine Kontaktleute auch das Baby bekommen würden. Ich denke, ich war ziemlich eingeschüchtert davon, und in diesem Moment hörte ich auf zu fragen, weshalb der Drogenhandel schiefgelaufen war. In meinem Innern hoffte ich, dass - wer immer die Person im Haus gewesen war - sie bloß verwundet war. Ganz offen gesagt, hatte ich zuviel Angst vor G.H., um hineinzugehen und es herauszufinden. Mein Bruder hat mich seitdem gefragt, weshalb ich nicht das Gewehr genommen und auf G.H. geschossen habe, aber ehrlich gesagt, der Gedanke ist mir gar nicht gekommen. Ich dachte ja immer noch, es war ein Drogendeal, bei dem was schiefgegangen war, und alles, was ich wusste, war, dass irgend jemand oder irgend etwas G.H. bedroht hatte.
Wir saßen da für eine Minute, ich immer noch schockiert, während G.H. offensichtlich über etwas nachdachte. Er befahl mir, ich solle das Auto fahren und ihm in dem Lieferwagen folgen, der hinter dem Haus stand. Ich hatte wirklich keine Idee, wie ich von dem Platz, an dem wir waren, zurück finden würde. Wir waren so tief in die Wälder von Ost-Texas gefahren, über viele verschiedene Straßen, manche waren auch nur Wege gewesen. Ich hatte keine Wahl, als ihm zu folgen. Ich dachte kurz darüber nach, ihn einfach im Stich zu lassen, bevor er den Lieferwagen verließ, aber erneut hielt mich die Angst um meine Familie davon ab. Heute zurück blickend: Vielleicht hätte ich ihn töten sollen. Aber bis zum heutigen Tag denke ich nicht, dass ich mit einer Waffe auf jemanden zielen und abdrücken könnte. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen.
Er stellte den Lieferwagen am Straßenrand ab, nachdem ich ihm ein paar Meilen gefolgt war, stieg aus und setzte sich in das Auto. Er ließ mich den Platz wechseln, so dass er fahren konnte. Danach kann ich mich wirklich nicht mehr an viel erinnern von unserer Heimfahrt. Ich fühlte mich völlig ausgelaugt, als hätte man mir alle Energie entzogen. Ich erinnere mich, dass ich auf den Boden sah zwischen meinen Knien - nur hinunter starrte und hoffte, ich würde aufwachen aus dem allem, was nur ein schrecklicher, fürchterlicher Traum sein konnte.
Er brachte mich zurück zu meinem Haus, und bevor ich ausstieg, entschuldigte (!) er sich, mich in diesen Schlamassel hineingezogen zu haben, erinnerte mich aber noch mal an das Alibi, das ich nicht vergessen dürfe, und erinnerte mich an seine Drohung bezüglich meiner Familie. Meine Freundin bzw. Verlobte bemerkte, dass mit mir etwas nicht stimmte, als ich hereinkam, aber ich erzählte ihr, dass ich nur müde sei (ich fühlte mich völlig leer). Ich habe nicht geschlafen in dieser Nacht.
Am nächsten Tag, nach der Arbeit, kam die Polizei zu mir nach Hause, Polizei aus einer anderen Stadt etwa 150 Kilometer entfernt. Ich konnte nicht glauben, dass sie G.H. so schnell mit dem missglückten Drogendeal in Verbindung gebracht hatten. Sie brachten mich zur Polizeistation, und ich erinnere mich noch, dass ich dachte, es wäre eine gute Idee, ihnen alles zu erzählen, was passiert war, sie um Schutz für meine Familie zu bitten und die Strafe für die Drogenverschwörung auf mich zu nehmen. Aber dieser Gedanke verschwand schnell, nachdem ich auf der Polizeistation ankam und dem Texas-Ranger begegnete, der mit der Ermittlung beauftragt war. Die ersten Worte, die er sagte, waren: "Okay, du Hurensohn, ich habe drei Leichen am Hals, und ich brauche irgend ein paar Schuldige dringender als die richtigen Schuldigen. Du fängst besser an zu reden und erzählst mir, was ich hören will, denn wenn du es nicht tust, bist du ein toter Wichser. Du wirst in der Todeszelle enden, oder ich werde dich eigenhändig erschießen." (Ja, Texas-Ranger können Leute erschießen und kommen damit durch.) In diesem Moment wusste ich, ich war in sehr ernsten Schwierigkeiten. Aber die Wahrheit ist, dass ich mir vorstellte, mir alle Chancen zu nehmen, wenn ich den Texas-Ranger verärgern würde. Ich saß zwischen zwei Stühlen. Wenn ich den Ranger gegen mich aufbrächte, würde er mich umbringen. Aber wenn ich G.H. gegen mich aufbrächte, würden meine Kinder oder Neffen und Nichten sterben. Was würdest du unter diesen Umständen tun, wenn du nur diese Wahl hättest? Da war keine dritte Möglichkeit. Ich sah den Texas-Ranger an und sagte: "Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen." Ich glaube, ich wusste, ich war so gut wie tot, als ich das sagte, aber meine Familie war in Sicherheit. Ich denke immer noch, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe.
Dann begann der Texas-Ranger mich zu fragen, wo ich in der Nacht zuvor gewesen war, und ich erzählte ihm, was mir G.H. als Alibi zu sagen aufgetragen hatte. Dann fragte er, ob ich vorhatte, G.H.s Eltern zu treffen. Das verwirrte mich, und ich fragte, weshalb wir dort hätten hingehen sollen. Er sagte: "Um sie zu töten." Ich vermute, mein schockierter Gesichtsausdruck sagte ihm deutlich genug, dass ich keine Ahnung hatte, wovon er eigentlich sprach. Dann erklärte er mir, dass G.H. gerade heute morgen berichtet hatte, er sei zum Haus seiner Eltern gekommen und hätte sie erschossen aufgefunden. Mein Herzschlag setzte aus, und ich hörte auf zu atmen, ich geriet in Panik! In meinem Kopf schrie es: "Mein Gott! Sie haben herausgefunden, wer ihre Kumpel (die Drogendealer) getötet hat, und haben aus Rache G.H.s Familie umgebracht!" Ich habe es nicht ausgesprochen, aber das ging mir wie ein Schrei durch den Kopf. Ich versuchte erneut logisch zu denken und zu entscheiden, ob ich ihnen die Wahrheit erzählen sollte oder nicht. In meinem Kopf drehte sich alles, aber der Ranger stellte mir weiter Fragen. Dann zeigte er mir Fotos vom Tatort, an dem G.H.s Eltern getötet worden waren. Nach ein oder zwei Minuten wurde mir klar, dass die Fotos denselben Ort zeigten, an dem G.H. und ich in der letzten Nacht gewesen waren! Und das verwirrte mich nun völlig. Zuerst dachte ich, ich hätte ihn falsch verstanden oder dass sie von dem getöteten Drogendealer wussten und der Texas-Ranger mich verwirren wollte. Aber auf einmal, ganz plötzlich, wurde mir alles klar. Sie sprachen von G.H.s Familie, und da waren keine Drogenhändler. Ich hatte das Gefühl, als hätte mir einer mit dem Schmiedehammer auf den Kopf geschlagen, als ich begriff, dass G.H. seine eigene Familie erschossen und mich da hineingezogen hatte. In diesem Moment wusste ich, mein Leben ist vorbei, so oder so, und so sehr ich den Ranger auch fürchtete, ich fürchtete G.H. mehr. Dieser Bastard hatte seinen Vater, seine Stiefmutter und seinen Halbbruder in der Nacht umgebracht, und in dem Augenblick kümmerte mich nicht, weshalb. Alles, woran ich dachte, war meine eigene Familie, und wenn dieser Bastard imstande war, seine eigene Familie kaltblütig zu erschießen, war er erst recht imstande, meine Familie zu töten. So sagte ich ihnen schließlich, ich hätte nichts zu sagen, bekräftigte noch mal G.H. Alibi, und sie brachten mich nach Hause. Ich schwor mir selbst, ich würde niemandem jemals etwas davon erzählen, was passiert war. Ich hoffte, dass sich so vielleicht alles in "Wohlgefallen" auflösen würde.
Ein paar Tage später kam G.H., um mich zu sehen. Ich ließ ihn nicht ins Haus, aber sprach mit ihm auf der Veranda. Er fragte, ob ich in Ordnung sei, als ob es ihn wirklich interessierte. Ich sagte ihm, dass ich nicht okay sei, und fragte ihn, ob er wahnsinnig sei oder was. Er entschuldigte sich noch mal, mich da hineingezogen zu haben, sagte aber, er hätte es tun "müssen". Zu den Morden sagte er, das würde ich nie verstehen, selbst wenn er versuchen würde, es zu erklären. Ich erklärte ihm, dass ich weder wüsste noch wissen wollte, warum er es getan hätte. Das einzige, was ich wissen wollte, war: Warum gerade ich? Hier ist seine Antwort: Er sagte, weil ich vertrauenswürdig und mein Ruf als Pazifist bekannt sei. Deshalb würde niemand jemals glauben, ich könnte in einen Mord verwickelt sein, so dass keiner glauben würde, er hätte seine Familie getötet, wenn er behaupten konnte, er wäre mit mir zusammen gewesen. Er entschuldigte sich und sagte, er hätte Gründe gehabt, sie zu töten. Er sagte, wenn ich der Polizei nichts erzählen würde, würde mir und meiner Familie nichts passieren, und in ein paar Wochen würde er die Stadt verlassen und ich würde ihn nie wieder sehen oder etwas von ihm hören. Aber wenn ich ihn jemals belasten würde, würde er der Polizei erzählen, dass ich ihm geholfen hätte, seine Familie zu töten, und würde versuchen, auch meine Familie (meine Kinder) umzubringen.
Er verschwand zwei Wochen später, und ich hoffte, damit wäre die Sache erledigt. Aber die Polizei fahndete nach mir. Sie überwachten mein Telefon auf der Arbeit, installierten eine ferngesteuerte Abhöranlage in dem Haus gegenüber meinem auf der anderen Straßenseite, folgten meinem Auto und kamen in mein Motorradgeschäft, um die Kunden zu belästigen.
Einen Monat nach den Morden wurde G.H. von dem Texas-Ranger und anderen Polizisten verhaftet. Ich wusste es zu dieser Zeit nicht, aber er hatte mit der Person gesprochen, die ihm geholfen hatte, die Morde zu planen. Diese Person (N.S.) hatte Angst bekommen und daher zugestimmt, der Polizei zu helfen, G.H. zu verhaften. Weil N.S. G.H. geholfen hatte, die Morde zu planen und gewusst hatte, in welcher Nacht sie geschehen würden, drohte auch ihm Verhaftung und Verurteilung. Mit anderen Worten: Wenn N.S. G.H. aufgehalten hätte, wäre ich heute nicht hier. Im Austausch für das Versprechen, der Staatsanwalt würde auf eine Anklage verzichten, half N.S. der Polizei, G.H. zu verhaften. Er stimmte zu, ein verstecktes Mikrofon zu tragen, und verwickelte G.H. in ein detailliertes Gespräch über die Morde, das die Polizei heimlich aufzeichnete. Nachdem sie hatten, was für ein Geständnis reichen würde, verhafteten sie G.H. Dann verhafteten sie mich am anderen Morgen, wobei sie mich ziemlich übel zusammenschlugen. Eigentlich hatten sie geplant, mich zu erschießen, und legten mit einer Waffe auf mich an (eine andere lange Geschichte), aber die Polizei meines Heimatortes hielt sie davon ab. Sie waren dabei, mich ziemlich übel zu schlagen, als der Anwalt, den meine Mutter beauftragt hatte, zu der Polizeistation kam; da mussten sie dann aufhören.
In den nächsten Tagen befragten sie mich ohne Unterbrechung. Und alles, was ich ihnen sagte, war: "Ich weiß nichts." An einer Stelle spielten sie das Band ab, das sie heimlich von G.H.s und N.S.s Gespräch gemacht hatten, und G.H. sagte, dass ich niemanden getötet hätte und er mich zu töten gedroht hatte, um sich meines Schweigens zu versichern. Sie spielten auch ein Band ab, das sie nach G.H.s Verhaftung gemacht hatten. Auf diesem Band erzählte er ihnen alles und wusch meinen Namen rein. Ich fragte den Staatsanwalt, warum man mich verhaftet hatte, wenn G.H. mich doch von aller Schuld freigesprochen hatte. Der Staatsanwalt (D.A.) antwortete, indem er die Cassette nahm, sie zerbrach und in den Mülleimer warf. Dann sagte er mir, dass G.H.s Geschichte nicht das war, was er "brauchte". Er erklärte, was G.H. zugegeben hatte, sei "nur" ein normaler Mord und reiche nicht für ein Todesurteil. Er sagte, er müsse einen Weg finden, die Morde in Kapitalverbrechen umzuwandeln, und dazu brauche er mich, so dass er für G.H. das Todesurteil bekäme. Ich würde für den Rest meines Lebens ins Gefängnis gehen, weil ich den D.A. und den Texas-Ranger angelogen hätte, so sagte er mir. "Niemand lügt mich an oder sagt 'nein' zu mir", schrie er mir ins Gesicht. Er verlangte von mir zu lügen und eine falsche Aussage zu unterschreiben, dass ich G.H. geholfen hätte, seine Familie umzubringen, und dass das Motiv gewesen sei, das Geld aus einer Lebensversicherung zu kassieren. Mit dem Geld aus der Versicherung konnte er die Todesstrafe fordern. Natürlich konnte ich kein falsches Geständnis unterschreiben. Nicht nur, weil es für mich falsch war, sondern weil es eine Todsünde wäre, eine Lüge zu erzählen, die einen anderen das Leben kostet. Das ist wie jemanden eigenhändig umbringen. Ich sagte dem D.A.: "Nein!", und er antwortete: "Niemand sagt 'nein' zu mir. Dafür wirst du sterben."
Ein paar Tage später brachte man mich erneut in sein Büro. Er sagte, das sei meine letzte Chance, mein Leben zu retten. Dann legte er das falsche Geständnis vor mir auf den Tisch. Und er erklärte, wenn ich den "Handel" mit ihm nicht einginge und unterschreiben würde, würde es G.H. an meiner Stelle tun. Er sagte, G.H. habe Angst, ich würde mich in einen Feigling verwandeln und gegen ihn aussagen, und würde deshalb alles tun, um mich aufzuhalten, mir sozusagen den ersten Schlag verpassen. Ich weigerte mich weiter. Denn sie wollten ja, dass ich eine falsche Aussage unterschreibe, und der D.A. sprach sehr offen darüber.
Schließlich wurde er des Spiels müde, und sagte folgendes: "Schau mal, Beathard, ich habe drei Leichen, drei Bürger meines Bezirks. Die Leute hier wollen, dass dafür jemand mit seinem Leben bezahlt. Mir ist lieber, dass das G.H. ist als du, weil ich glaube, für dich gibt es noch Hoffnung. Die Sache ist die, dein Kumpel hat drei Leute umgebracht, seine eigene Familie, und es ist mir egal, was die Gesetzbücher dazu sagen, er verdient dafür zu sterben. Und das ist nicht genug. Zur Hölle, ich würde drei Todesurteile durchsetzen, wenn ich drei Leute verhaftet hätte. Habe ich aber nicht. Alles, was ich habe, bist du und G.H. Es sieht also so aus, dass du deinem Kumpel zu helfen hast, seine Schuld zu bezahlen, aber du musst nicht selber sterben. Du gehst für den Rest deines Lebens ins Gefängnis. Wie ich dir gesagt habe: Niemand sagt 'nein' zu mir und lügt mich an, nicht in meinem Bezirk. Du kannst hier den ganzen Tag sitzen und erzählen, was wirklich passiert ist, aber du verschwendest deine Zeit. Das einzige, worauf es jetzt ankommt, ist nicht die Wahrheit, sondern was ich den Geschworenen erzähle. Und deshalb sage ich dir, Beathard, die Leute in diesem Bezirk, die Leute, die in der Jury sein werden, das sind rückständige Leute, die dich schon dafür aufhängen würden, dass du ein gottverdammter Kommunist und Drogenmensch bist, und sie werden keinen Pfifferling auf Beweise geben in deinem Prozess. Diese Leute haben mich gewählt, und sie werden im Prozess so entscheiden, wie ich es ihnen sage. Sie werden glauben, was ich ihnen sage, das sie glauben sollen. Wenn du drüber nachdenkst, wirst du wissen, dass ich dir die Wahrheit sage. Aber bevor du mir noch mal 'nein' antwortest, ist da noch etwas, das du wissen solltest. G.H. sitzt im nächsten Raum gegenüber der Halle. Wenn du den Handel nicht machst und unterschreibst, nehme ich das Papier und biete ihm den Deal an. Und er wird unterschreiben. Weißt du, warum? Weil ich, wenn er es nicht tut, seine Frau verhaften werde als Teilhaberin an den Morden. Ich kann sie nicht verurteilen, aber sie wird die nächsten sechs Monate im Gefängnis verbringen. Das ist garantiert das Ende ihrer Krankenschwester-Ausbildung. Und während sie im Gefängnis ist, kommt ihr Sohn irgendwohin. Nach sechs Monaten im Pflegeheim kommt kein Kind heraus. Die Behörden werden ihn sicher nicht der Mutter zurückgeben, nicht nachdem sein Vater des Mordes angeklagt ist und seine Mutter des Mordes verdächtig war. Kennst du G.H.s Freundin? (G.H. hatte eine Geliebte.) Weißt du, dass sie auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen wurde in einem großen Heroin-Fall? Also, ich brauche ihr nur ein paar Fragen zu stellen, und sie geht für acht Jahre zurück ins Gefängnis. G.H.s Frau wird für sechs Monate ins Gefängnis gehen, ihre Karriere und ihren Sohn verlieren. G.H.s Sohn wird niemals seine Familie wiedersehen, und seine Freundin geht zurück ins Gefängnis für eine lange Zeit. Das ist die Situation, der G.H. ins Auge sehen wird, wenn er meinen Handel ausschlägt. Was glaubst du, wen er opfern wird? Die drei Leute, die er am meisten auf dieser Welt liebt? Oder seinen guten Kumpel Beathard? Und Beathard, du weißt, dass ich jede verdammte Kleinigkeit davon wahr machen werde, wenn ich es sage, und G.H. weiß das auch. Also mach schon. Rette dich selbst. Du schuldest G.H. nicht ein verdammtes Ding."
Ich kann mich an diese Rede sehr gut erinnern. Wer würde das nicht? Ich will wirklich nicht die genauen Worte wiedergeben, die ich gebrauchte, aber ich sagte ihm 'nein'. Der D.A. sagte mir: "Du hast gerade dein eigenes Todesurteil unterschrieben", nahm das gefälschte Geständnis und ging durch die Halle davon. Fünfzehn Minuten später kam er zurück, legte das unterschriebene Papier vor mich und sagte: "Sieht so aus, als hätte dein Kumpel G.H. dein Todesurteil ebenfalls unterzeichnet." Und ich wusste, dass es stimmte, und konnte nicht das Geringste dagegen tun.
Obwohl ich schlecht behandelt worden war seit meiner Verhaftung, behandelte man mich danach noch viel schlechter. G.H. andererseits wurde sehr gut behandelt. Seine Frau und seine Freundin durften ihm Essen von zu Hause oder aus dem Restaurant bringen. Wenn sie ihm kein Essen brachten, ließen sie der Polizei Geld da, damit sie etwas besorgten. Er hatte ein Cassettengerät, ein Radio und einen Fernseher in seiner Zelle. Er hatte manchmal auch private Besuche von seiner Frau und seiner Freundin in seiner Zelle. Natürlich bekam er diese Privilegien wegen seiner Bereitschaft, in meinem Prozess auszusagen. Was mich betrifft, ich hatte nichts, manchmal nicht einmal Licht. Ich lernte auf die harte Tour, dass totale Finsternis einen anfangen lassen kann zu halluzinieren. Ich habe gefrorene Mahlzeiten gegessen, manchmal zumindest kalte. Und an manchen Tagen habe ich gar nichts zu essen bekommen. An manchen Abenden saß ich hungrig in der Dunkelheit und konnte die Pizza riechen, die sie G.H. zum Essen gebracht hatten, und ich konnte seinen Fernseher hören, und ich wollte schreien, weil ich bereute, dass mich mein eigenes Verständnis von Ehre in diese Lage gebracht hatte.
Nachdem mein Prozess anfing, fütterten sie mich jeden Tag: Frühstück, Mittag- und Abendessen. Und meine Verlobte durfte mir einen Sony Walkman bringen, um Musik zu hören. Ich fühlte mich wie im Himmel nach dem Hunger, der Stille und der Dunkelheit. Außerdem durfte ich mit meiner Verlobten, meiner Stieftochter und meinen Eltern jeden Tag im Gerichtssaal sprechen.
Durch mein ganzes Verfahren hindurch erzählte ich meinem Anwalt immer wieder von G.H., über seine Falschaussage mir gegenüber, aber mein Anwalt glaubte mir nicht. Er sagte immer: "James, er wäre verrückt, so etwas zu tun. Das wäre Selbstmord für ihn." Mein Anwalt glaubte es nicht, bis sie G.H. in den Gerichtssaal brachten und in den Zeugenstand stellten. Nachdem er einen Eid geschworen hatte, die Wahrheit zu sagen, fuhr er mit seinen Lügen fort. Nach seiner Version der Geschichte hätten er und ich die Morde Wochen im voraus geplant. Er sagte, ich hätte ihn dazu überredet, seine Familie zu töten, damit er die Versicherungssumme kassieren könnte und ich "sehen könnte, wie es ist, jemanden umzubringen". Er sagte, er hätte seinen Vater getötet und wäre dann draußen geblieben, während ich hineingegangen sei und die Mutter und den Bruder getötet hätte. Wir hatten darauf gebaut, den Richter dazu zu bringen, das Band vorzuspielen, das die Polizei heimlich gemacht hatte von dem Gespräch zwischen G.H. und dem Mann, mit dem er die Morde geplant hatte. Als er gefragt wurde, weshalb er auf dem Band gesagt hatte, dass ich niemanden getötet hätte, während er jetzt das Gegenteil behauptete, antwortete er: "Ich habe auf dem Band gelogen, aber jetzt sage ich die Wahrheit." Und er sagte auch, man habe ihm keinen Handel angeboten im Austausch für seine Zeugenaussage. (Als der D.A. mir den Deal angeboten hatte, hatte er mir gesagt, wenn ich zustimmen würde, gegen G.H. auszusagen, müsse ich schwören, dass kein Deal stattgefunden habe, damit meine Aussage nicht erzwungen erschiene. Er hatte erklärt, ich müsse ihm vertrauen, dass er sein Wort hielte. Ich bin sicher, er hat G.H. dasselbe erzählt.) Ich glaube, ich wusste an dem Punkt, dass ich so gut wie tot war, betrogen von jemandem, den ich einmal als Freund bezeichnet hatte. Natürlich wurde ich für schuldig befunden. Nach dem Prozess sagten welche von den Geschworenen, dass sie G.H. nicht geglaubt hätten, aber dass sie mich in jedem Fall verurteilt hätten, weil ich ins Drogengeschäft verwickelt gewesen war (das alles war in meinem Prozess offengelegt worden). Meine politische Zugehörigkeit hätte mir ebenfalls geschadet, sagten sie. Niemand hat es zugegeben, aber mein Katholizismus hat die Geschworenen wahrscheinlich auch gegen mich eingenommen. Die Leute in dem Gebiet hier sind nicht nur rückständig, wie der D.A. meinte, sondern auch Protestanten und heftig anti-katholisch.
Ich wurde am Morgen für schuldig befunden, nach dem Mittagessen zum Tode verurteilt und aß mein Abendbrot hier in der Todeszelle an demselben Nachmittag.
Vier Monate später hatte G.H. seinen Prozess. Bei seinem Prozess schwor der D.A., dass G.H. bei meinem Prozess gelogen hätte (!!!), aber er sagte, ich hätte den Vater und G.H. die Mutter und den Bruder erschossen. (Ich vermute, er tauschte die Rollen, weil der Vater, wie sich herausstellte, ein sehr grausamer und gewalttätiger Mann gewesen war, und man für den Mord an der Frau und dem Jungen weniger Verständnis haben würde, als für den Mord an dem Vater.) Sehr zur Überraschung aller bekam auch G.H. ein Todesurteil. Als G.H. nach dem Deal fragte, den sie gemacht hätten, hörte man den D.A. antworten: "Handel? Was für ein Handel? Du hast bei Beathards Prozess unter Eid geschworen, dass da kein Handel war." Als G.H. an diesem Tag den Gerichtssaal verließ, warteten da die ganzen Fernseh- und Zeitungsreporter, die mit ihm sprechen wollten. Buchstäblich als er den Gerichtssaal nach seinem eigenen Prozess verließ, erzählte er den Reportern, dass er in meinem Prozess gelogen habe, dass der D.A. ihm einen Deal versprochen habe für seine Lüge und jetzt sein Wort gebrochen hätte. Das erschien in vielen Zeitungen. Nachdem G.H. in den Todestrakt gebracht worden war, schrieb er mir, um sich für das, was er getan hatte, zu entschuldigen. Er hatte auch die Adresse meines Anwalts, die Adressen der Richter (wir hatten verschiedene Richter), die des Generalstaatsanwaltes von Texas und eine Liste von Reportern. Er schrieb ihnen allen und erklärte, er habe in meinem Prozess gelogen, dass ich unschuldig sei und nichts mit den Morden zu tun hätte. Dieser Widerruf machte Schlagzeilen in den großen Zeitungen des Staates. All das führte zu einer gerichtlichen Anhörung, bei welcher G.H. erneut die Wahrheit sagte und meinen Namen reinzuwaschen versuchte. Bei dieser Anhörung gab der D.A. zu, dass G.H. in meinem Prozess gelogen hatte, aber er argumentierte, diese Lüge sei irrelevant, weil er mich immer noch für schuldig hielt, irgend etwas getan zu haben, wenn auch vielleicht nicht das Verbrechen, dessen ich verurteilt wurde. Wir konterten, dass der D.A. sich irre, dass ich niemanden getötet hätte, dass ich aber, sogar wenn er recht hätte, einen neuen Prozess bekommen sollte, weil es nicht mehr wie recht ist, dass jemand aufgrund der Wahrheit verurteilt wird, nicht aufgrund einer Aussage, von der sich alle einig sind, dass sie falsch ist. Der D.A. argumentierte, wenn jemand schuldig sei, aber der D.A. die Verurteilung nicht mit den vorliegenden Beweisen erreichen könne, sei es legitim, die Verurteilung mit gefälschten Beweisen und Lügen zu gewinnen. Der Richter stimmte nicht zu. Aber der Richter sagte, es gebe ein Gesetz, das die "30-Tage-Regel" genannt werde. Die "30-Tage-Regel" besagt, dass jemand, der für ein Verbrechen verurteilt wird, nach dem Urteil nur 30 Tage Zeit hat, um neue Beweise vorzulegen. Nach dieser 30-Tage-Frist können die neuen Beweise nicht zugelassen oder in Betracht gezogen werden. Weil G.H. die Wahrheit am Ende seines eigenen Prozesses sagte, vier Monate nach dem Ende meines Verfahrens, war sein Widerruf irrelevant, und das Gericht war dem enthoben, sich mit ihm auseinanderzusetzen. Mit anderen Worten, G.H.s Widerruf existiert nicht für den Zweck des Gesetzes. Rein technisch, kein Gericht kann den Widerruf anerkennen. Zu allem Überfluss hat die staatliche Gesetzgebung die 30-Tage-Regel später abgeschafft oder wenigstens modifiziert, jedenfalls aber haben die Änderungen keine rückwirkende Gültigkeit. Das heißt für mich, weil ich bereits eine Anhörung hatte, kann ich nicht noch eine weitere verlangen, um in den Vorteil der geänderten 30-Tage-Frist zu kommen.
Mein jüngster und letzter Schriftsatz ging an den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten. Unser Klagebegehren war, dass es fundamental unfair ist, wenn ein Staatsanwalt seine Gesetzestheorien willkürlich nach Gutdünken ändert, und dass ein Staatsanwalt daran gehindert werden sollte, bewusst falsche Aussagen zu verwenden. Aber der Oberste Gerichtshof lehnte es ab, mein Anliegen auch nur zu prüfen, geschweige denn, meinen Fall erneut zu verhandeln. Und so bin ich nun hier und warte darauf, in ein paar Wochen zu sterben.
Huntsville, 14. November 1999
James Lee Beathard wurde am 9. Dezember 1999 durch den Staat Texas hingerichtet, obwohl ernste Zweifel an seiner Schuld bestanden. Der Protest von über 200 Menschen machte auf Gouverneur Bush und den Gnadenausschuss von Texas keinerlei Eindruck.
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In einer Anhörung zu einem Antrag auf Erlassung eines Moratoriums in Texas wurde James Beathard als Beispiel für einen unschuldig Hingerichteten ausdrücklich genannt.
Bericht über die Anhörung (März 2001)
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Dieses Bild ("Collage") hat CLIFF BOGGESS 1997 für seinen Freund James gezeichnet. Er sollte es nach seiner Entlassung erhalten. Bedauerlicherweise wird diese Übergabe nie stattfinden und das Bild wohl in England bleiben.
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Im Dezember 2000 erreichte mich diese Mail von Wendy, die mich sehr bewegt hat: "Ich kannte James Beathard persönlich. Die Freundin/Verlobte, von der er spricht, war meine beste Freundin in der Schule. James war ein einzigartiger Mensch und ist am besten zu beschreiben als ein echter Teddybär im Herzen, tatsächlich glich er auch äußerlich einem Teddybär mit seinem dichten Bart. Er konnte sich so hochgestochen ausdrücken, dass ich ihn oft bitten musste, noch einmal zu erklären, was er gerade gesagt hatte. Ich bin viele Male mit ihm Motorrad gefahren, und die Ironie der Erinnerung, wie wir "Freebird" hörten, während ich mit ausgestreckten Armen hinter ihm saß, ist überwältigend."
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Ein ausführliches Interview (in englischer Sprache) mit James Beathard über seinen Fall, sein Leben im Todestrakt und die Todesstrafe allgemein ist unter dem Titel "Cruel and Unusual Punishment" hier zu finden.
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Handschriftliches von James Beathard
James schrieb einige Zeilen in das Notizbuch seines Mitgefangenen James R. Meanes, der dieses Buch wie ein Poesie-Album im Todestrakt herumgegeben hatte. James Meanes wurde im Dezember 1998 hingerichtet. Eine Freundin von ihm hat das Notizbuch im Internet veröffentlicht.
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